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Alt 29.04.2004, 12:10  
Roland Bauer
 
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Hallo Ralf,

natürlich ist eine solche räumliche Trennung ein heftiger Einschnitt in die bisherige Lebensgestaltung und mit entsprechend heftigen und widersprüchlichen Emotionen empfunden.

Und gerade deshalb wird ein Heimeintritt, so er denn notwendig erscheint, in der Regel behutsam vorbereitet. Da werden mehrere Heime vorausgewählt, da werden vorhergehende Besuche/Besichtigungen auf den Wohngruppen vorbereitet, da gibt es Schnuppertage/Schnupperwochen.

Kein Kind wird da im Heim eingesperrt - in der Regel ist das auch technisch nicht möglich. Es werden keine hermetisch abgesperrten Ghettos mehr betrieben - es sind in der Regel kleinere Einheiten (Wohngruppen) mit (angestrebter) guter Vernetzung in der jeweiligen Nachbarschaft. Auch sollen die Kinder in der Regel auch weiter ihre bisherige Schule besuchen können. Das alles spricht gegen ein praktiziertes Einsperren.

Die Schnupperwoche wird mit allen Beteiligten (auch und gerade mit den Kindern) ausgewertet und sowohl die negativen als auch die positiven Erlebnisse werden betrachtet.

Allein schon so eine "Kleinigkeit" wie ein "richtiges" Frühstück am Morgen, allein schon ein geordneter Wäscheschrank mit der für den Tag notwendigen Kleidung wird da als Erleichterung wahrgenommen. Und das ohne gegenseitige Schuldzuweisung.

In der Regel gehen die Kinder auch am Wochenende (nach dem letzten Schulbesuch in der Werktagswoche) wieder nach Hause in ihre Familie.

Und in der Regel atmen alle Beteiligten während solchen time-outs nachhaltig auf. Es ist in der Regel nicht darauf angelegt, dass ein Heimaufenthalt bis zur Volljährigkeit dauert. Je schneller Kinder wieder dauerhaft nach Hause können, um so besser - auch für den Staat, der in der Regel eine Defizitabdeckung bei den Kosten übernehmen muss.

Leider, leider dauert es aber oft zu lange, bis solch ein time-out gewährt wird. Oft wird die überfordete Familie aus Kostengründen zu lange in ihrer Überforderung gelassen - vielleicht gehts ja noch ein Vierteljahr, ein halbes Jahr auch so gut. Und oft geschieht der Heimeintritt dann letztendlich aus juristischem Anlass, dann nämlich wenn die Kiddies vorm Jugendrichter gelandet sind: Andauernde Ladendiebstähle, Prostitution, Drogenkonsum, Gewalttätigkeiten.

Und dann solch einen jungen Menschen wieder von der Verbindlichkeit gegenseitiger Gruppenregeln zu überzeugen - das ist dann harte Arbeit.

Aber das ist auch eine Realität - es wird lieber massiv mehr Geld für die Rehabilitation ausgegeben als weniger (aber auch viel) Geld für die Prävention. Kennt man ja....

google spuckt in Sachen Tagessätze z.B. http://www.regierung.niederbayern.ba.../kinderh01.htm aus - das ist heftig viel Geld. Je kürzer also so ein Aufenthalt sein kann, umso bessser.

gruss, roland
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