Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 08.04.2018, 19:32  
Hero
 
Registriert seit: 29.09.2011
Beiträge: 1.193
Abgegebene Danke: 237
Erhielt: 624 Danke in 273 Beiträgen
Standard Weißabgleich

Ich ändere mal die vorgesehene Numerierung der Kapitel und schiebe einen Beitrag zum Weißabgleich dazwischen.

3.3 Weißabgleich

Der eine oder andere hat sich schon mal gefragt, warum man von einer "Farbtemperatur" spricht. Und von kaltem und warmem Licht und dafür auch noch die Einheit Kelvin bemüht, die ja tatsächlich eine Temperatur-Einheit ist. Die Einteilung in Grad Kelvin ist genau wie bei Grad Celsius, nur dass der Nullwert bei -273°C liegt. 0°C sind also 273K, und 1000°C sind 1273K.

Tageslicht hat eine Farbtemperatur von ca. 5800K. Es ist kein Zufall, dass die Oberfläche unserer Sonne ebenfalls eine Temperatur von ca. 5800K (ca. 6000°C) hat:
Die Farbtemperatur weißen Lichts mit X Kelvin entspricht in etwa der Farbtemperatur des Lichts eines Stern, an dessen Oberfläche eine Temperatur von X Kelvin herrscht.
Sehr kühles bläuliches Licht mit z.B. einer Farbtemperatur von 13000K, ist eigentlich ein sehr heißes Licht, da es dem Licht entspricht, dass ein Stern aussendet, an dessen Oberfläche es mit 13000K deutlich heißer ist, als auf unserer Sonne.

Die Lichtverhältnisse in einem Aquarium entsprechen aber nicht immer (und manchmal gar nicht), dem Tageslicht. Das müssen wir beim Fotografieren berücksichtigen.

Zwar hat eigentlich jede Kamera einen automatischen Weißabgleich, aber der funktioniert nicht immer zufrieden stellend. Meistens geht die Kamerasoftware von einer tageslichtähnlichen Farbtemperatur von 5500K aus und analysiert die Farben wie sie auf dem Sensor aufgezeichnet werden. Die Kamera sucht dabei nach Bereichen in denen die Farben Rot,Grün und Blau in einem gleichmäßigen Verhältnis mit der kleinsten Differenz vorhanden sind und nimmt dann an, dass das Weiß sein muss
Ist bei kaltem Licht in diesem Bereich z.B. Rot etwas schwächer vertreten als Blau, dann wird Rot etwas stärker gewichtet und das Bild wird nicht so blaustichig.

Allerdings funktioniert das Ganze nur solange sich das Licht nicht zu sehr vom Tageslicht unterscheidet. Die meisten Kameras bieten daher für den Weißabgleich auch verschiedenen Voreinstellungen z.B. für "Schatten", "Leuchtstoffröhre", "Glühbirne", "Blitz" etc. Darüber hinaus gibt es auch meistens die Möglichkeit eine Farbtemperatur einzustellen.

Während das in einem Süsswasserbecken mit einer Beleuchtung zwischen 4000K und 9000K noch recht gut funktioniert, wird es bei Meeerwasser oder Malawi-/Tanganjikabecken deutlich schwieriger. Dort wählt man absichtlich Licht mit höherem Blauanteil, da in klarem Wasser mit zunehmender Tiefe zuerst rotes Licht absorbiert wird und blaues Licht auch bis in größere Tiefen vordringen kann. In 20m Wassertiefe ist tatsächlich alles blau.

Unser Gehirn kommt damit aber deutlich besser klar, als der automatische Weißabgleich der Kamera. Selbst wenn man zwei Becken mit stark unterschiedlicher Farbtemperatur nebeneinander stehen hat, sieht man das zwar, aber der wahrgenommene Unterschied ist längst nicht so groß wie eine Kamera ihn darstellt.

Hier mal ein bild aus meinem Becken mit automatischem Weißabgleich (die Kamera hat anscheinend nicht "Weißes" gefunden und ist bei 6000K gelandet). Die LED-Beleuchtung hat eine Farbtemperatur von 13000K. Das sieht dann ein bißchen aus, wie früher in der Disco mit Schwarzlicht

Grundlagen der (Aquarien-)Fotografie-dsc07955.jpg

Viele Kameras bieten die Möglichkeit, die Farbtemperatur auf einer weissen Fläche abzugleichen. Man stellt dazu an der Kamera auf manuellen Weißabgleich und dann gibt es meißt noch eine Einstellung "WB Set". Man richtet das Objektiv auf eine weiße oder graue Fläche (ich habe die hellen Felsen genommen) und macht mit dem Auslöser kein Foto, sondern stellt den Weißabgleich ein. Herausgekommen ist ein Farbtemperatur von 9900k (mehr kann meine Kamera nicht). Man kann natürlich auch gleich die passende Farbtemperatur von Hand einstellen.

Das Foto mit einem Weißabgleich von 9900K entspricht ziemlich genau dem, wie ich das Becken selbst wahrnehme:

Grundlagen der (Aquarien-)Fotografie-dsc07954.jpg


Über die Zusammensetzung der einzelnen Spektralfarben, aus denen Licht besteht, sagt die Farbtemperatur allerdings nur mittelbar etwas aus. Weißes Licht setzt, sich grob aufgeteilt, aus den Farben Rot, Grün und Blau zusammen, wie z.B. auch ein weißer Pixel auf einem Computermonitor aus je einem Sub-Pixel dieser drei Farben besteht, die alle gleich hell leuchten.

Besonders interessant ist dabei die Farbe Grün. Das langwelligste Licht ist Rot, das kurzwelligste Licht ist Blau und genau in der Mitte ist Grün. Da die Farbtemperatur in etwa die durchschnittliche Wellenlänge des Lichts beschreibt, ändert es an der Farbtemperatur nichts, ob nun grünes Licht dabei ist oder nicht, wenn Rot und Blau gleich stark vertreten sind. Rosa Licht (rot und blau) hat also die gleiche Farbtemperatur wie hellgrünes Licht (rot und blau + viel grün).

Wenn man also richtig viele Pflanzen im Becken hat (vor allem an der Oberfläche), so dass dass Licht durch die grünen Blätter hindurchscheint, dann haben die Fotos oftmals einen starken Grünstich. Mit einem manuellen Weißabgleich über die Farbtemperatur bekommt man das nicht weg, denn die Farbtemperatur wird davon kaum beeinflusst.

Dazu kann man den Weißpunkt auch in Richtung einer Farbe verschieben. Bei grünstichigen Pflanzenbecken würde man etwas in Richtung Blau/Rot und weg vom Grün gehen. Das habe ich hier exemplarisch mal auf meiner Kamera für 5500K eingestellt:

Grundlagen der (Aquarien-)Fotografie-img_20180408_190709.jpg

Man sieht auch durch das Objektiv, dass meine Schreibtischplatte leicht rosa aussieht. Sieht komisch aus, aber damit geht ein Grünstich weg. Leider kann ich das nicht an einer Beckenaufnahme demonstrieren, da ich kein richtiges Dschungelbecken habe.

Ich habe es aber trotzdem mal an einem Becken von Hand eingestellt. Mit automatischem Weißabgleich, sieht es ein wenig nach "Pipi" aus:
Grundlagen der (Aquarien-)Fotografie-dsc07855.jpg
mit der händischen Einstellung irgendwie angenehmer:
Grundlagen der (Aquarien-)Fotografie-dsc07856.jpg

Als ich den Weißabgleich meiner Kamera im Malawibecken auf einer grauen Fläche eingestellt habe, hat die Kamera das selbst gemacht, aber in die andere Richtung. Die Farbtemperatur wurde nicht nur auf 9900K gestellt, sondern auch der Farbton etwas Richtung Grün/Gelb verschoben:
Grundlagen der (Aquarien-)Fotografie-img_20180408_191103.jpg

Die Schreibtischplatte hat jetzt einen Gelbstich, die Aufnahme des Beckens sah damit aber gut aus.

Man kann den Weißabgleich nachträglich noch in Bildverarbeitungsprogrammen korrigieren. Mit JPG Aufnahmen klappt das aber nur bedingt, da durch den begrenzten Farbraum schnell die Farben "abreissen". Bei meinem "Der Hund" im Fotowettbewerb war das der Fall, den Blau-Rosa-Stich habe ich nicht mehr rausbekommen.
Wenn man wirklich nachbearbeiten will, muss man die Fotos als RAW aufnehmen und braucht eine Kamera mit einem großen Dynamikumfang. Im Allgemeinen heißt großer Sensor auch großer Dynamikumfang.

Ich fotografiere aber liebder im JPG-Format und versuche die Fotos bei der Aufnahme schon richtig zu schießen. Ich bin meistens zu faul zum Nachbearbeiten und die Speicherkarten sind mit Aufnahmenim RAW-Format ziemlich schnell voll.

So sieht der Hund übrigens aus, wenn man es richtig macht:
Grundlagen der (Aquarien-)Fotografie-dsc07946.jpg
Angehängte Grafiken
Dateityp: jpg DSC07955.jpg (46,8 KB, 62x aufgerufen)
Dateityp: jpg DSC07954.jpg (46,0 KB, 63x aufgerufen)
Dateityp: jpg IMG_20180408_190709.jpg (69,9 KB, 63x aufgerufen)
Dateityp: jpg IMG_20180408_191103.jpg (66,4 KB, 63x aufgerufen)
Dateityp: jpg DSC07946.jpg (62,0 KB, 64x aufgerufen)
Dateityp: jpg DSC07855.jpg (42,5 KB, 64x aufgerufen)
Dateityp: jpg DSC07856.jpg (39,6 KB, 63x aufgerufen)

Danke: (2)
Hero ist offline   Mit Zitat antworten