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Alt 18.07.2018, 13:38  
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Standard Welche Sensorgröße ist erforderlich ? (Teil 1)

4.2 Welche Sensorgröße ist erforderlich ?

Wer das vorhergehende Kapitel zum Cropfaktor und dem ISO-Wert gelesen hat, wird schon wissen was kommt:

Für gute Fotos, speziell bei der Aquarienfotografie, sollte es schon mindestens ein 1" Sensor sein, darunter macht es nicht viel Sinn. Bei DSLM/DSLR dann etwas größer mit MFT- bzw. APS-C Sensor. Vollformat ist natürlich ganz toll, aber dann stoßen wir nicht nur bei der Kamera, sondern vor allem bei den Objektiven, schnell in ganz andere Preisregionen vor.

Natürlich kann man mit dem Handy auch schönen Aquarienbilder machen, aber nur unter bestimmten Umständen:
  • ausreichend Licht
  • keine schnell durch die Gegend flitzende Fischen

Ich habe mir mal meinen neuen Betta vorgenommen und ihn mal mit meinem relativ neuen 190€ Handy (also nix Besonderes) geknipst. Ich habe unzählige Versuche gebraucht, bis ich ihn dann mal scharf erwischt habe.
Licht war genug da, so dass die Aufnahme mit ISO 200, 1/50s, F2.2 geklappt hat.

Sieht jetzt nicht so schlecht aus
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Dann habe ich mir mal die APS-C Kamera genommen, ebenfalls ISO 200, 1/160s, F2.8. Sieht schon noch etwas besser aus, obwohl der Unterschied jetzt nicht riesig ist
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Wenn ich jetzt aber mal einen Ausschnitt vergrößere, dann sieht man den Unterschied deutlich. Das Handyfoto kann man vielleicht noch als 10x15 Abzug oder in einem Fotobuch verwenden. Das Foto aus der APS-C Kamera taugt auch für ein DIN A3 Poster oder noch größer.

Handy 100% Crop
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APS-C Kamera ca 60% Crop (da ist noch etwas Luft)
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APS-C Kamera 100% Crop
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Was bringt mir ein größerer Sensor noch ?

Dass ein größerer Sensor bei wenig Licht ein deutlich besseres Rauschverhalten zeigt, wissen wir schon. Auch die mögliche Detailauflösung ist bei einem größeren Sensor besser (siehe Bilder oben), das hängt aber auch vom verwendeten Objektiv ab.

Ein größerer Sensor bietet aber vor allem einen größeren Dynamikumfang. Dass heißt er kann mehr verschiedene Helligkeiten gleichzeitig auf einem Bild erfassen.

Das ist besonders dann wichtig, wenn man z.B. bei Gegenlicht fotografiert, wo der Unterschied zwischen Hell und Dunkel enorm groß ist. Dass kann man zwar mit HDR-Aufnahmen kompensieren (dabei werden mehrere Aufnahmen mit unterschiedlicher Belichtung gemacht und dann verrechnet). Das können heute auch schon die meisten Handys. Allerdings funktioniert das nur bei statischen Motiven.

Während ein 1/2,3" Sensor in einem Handy oder einer einfachen Kompaktkamera vielleicht einen Dynamikumfang von 7 bis 8 Blendenstufen (entspricht ca. einem Kontrastverhältnis von 1:100 bis 1:250) liefert, schafft ein guter APS-C Sensor auch 13 oder 14 Blendenstufen (Kontrastverhältnis ca. 1:15.000 - 1:30.000).

Um das mal zu veranschaulichen, habe ich mir mal ein Bild aus meiner Fotosammlung geschnappt, bei der die Belichtung von mir komplett verrissen wurde.

Dunkle Statue im Schatten vor hellem Himmel:
Grundlagen der (Aquarien-)Fotografie-dsc03413.jpg

Die Kamera hat aber viele feine Helligkeitsunterschiede registriert, die das menschliche Auge auf dem Originalbild gar nicht sieht. Aus so einem Bild kann ich in der Bildbearbeitung die Schattenbereich in der Helligkeit selektiv hochziehen:
Grundlagen der (Aquarien-)Fotografie-dsc03413_shadow_high.jpg

Das Ausgangsbild war dabei noch nicht einmal eine RAW-Datei sondern nur ein JPG, sonst wäre das noch besser und mit mehr Kontrast möglich. Mit einem kleineren Sensor hat man bei so einem Bild verloren.


Sensorgröße = Sensorgröße ?

Sensorgröße ist aber nicht so ganz gleich Sensorgröße, denn es hängt auch von der Art des Sensors ab, welchen Dynamikumfang er bietet und wie das Rauschverhalten bei hohen ISO-Werten aussieht.

Zum einen ist die Verteilung der lichtempfindlichen "Pixel" auf dem Sensor bei den unterschiedlichen Herstellern unterschiedlich.

Nikon, Sony, Panasonic und Olympus verwenden eine klassische Bayer-Matrix, die dann aber meistens einen Tiefpassfilter bei der Bildverarbeitung erfordert (Warum tragen Nachrichtensprecher keine gestreiften Hemden ? ). Und das kostet etwas Schärfe im Bild.
Fuji hat eine andere Anordnung, die ohne Tiefpassfilter auskommt und Canon geht einen noch anderen recht speziellen Weg.

Ausserdem kommt es darauf an, wie der Sensor "verkabelt" ist. Bei einem FSI-Sensor (Front-Side-Illuminated), müssen sich die lichtempfindlichen Dioden die Sensorfläche mit den Leiterbahnen teilen. Die Verkabelung "verschwendet" also einen Teil der Fläche des Sensors. Wenn die Leiterbahnen aus Kupfer statt aus Aluminium sind, sind sie etwas dünner und nehmen etwas weniger Platz weg. Der effektivr Unterschied zwischen Aluminium- und Kupferverdrahtung entspricht ca. 1/3 Bldendenstufe, also nichts Weltbewegendes.

Es gibt aber auch sogenannte BSI-Sensoren (Back-Side-Illuminated). Dabei werden die lichtempfindlichen Dioden auf der Rückseite des Sensors angebracht und müssen sich den Platz nicht mit den Leiterbahnen teilen und können entsprechend etwas größer ausfallen. Tatsächlich wird der Sensor aber nicht rückseitig belichtet, wie die Bezeichnung vermuten läßt, sondern der Sensor wird in der Kamera umgedreht verbaut und damit liegt die Verdrahtung hinten. Eine Bezeichnung BSW-Sensor (Back-Side-Wired) wäre eigentlich passender.

Der Unterschied zwischem einem BSI-Sensor und einem FSI-Sensor liegt bei ca. einer Blendenstufe. Das ist schon etwas und entspricht ungefähr dem Unterschied zwischen einem Vollformatsensor und einem APS-C Sensor. Meistens sind aber gerade die kleineren Sensoren BSI-Sensoren, denn die Ausschussrate steigt bei der Fertigung überproportional mit der Sensorgröße. Es gibt natürlich auch BSI-Vollformat-Sensoren, der Spaß kostet dann halt einen ordentlichen Aufpreis

APS-C Sensoren gehören sicher zu den verbreitesten Sensoren im Bereich der DSLM und DSLR.
Hier baut Fuji sicher die z.Z. besten Sensoren und Canon besonders bei den älteren Modellen und den Einsteiger-DSLRs die schlechtesten Sensoren. Der Unterschied zwischen einer Fuji XT-20 für ca. 1000€ und einer Canon 200D für ca. 500€ liegt bei deutlich über 2 Blendenstufen, obwohl beide fast die gleiche Sensorgröße haben.

Meine alte Canon 600D hatte den 18 Megapixel APS-C Sensor verbaut und damit war bei ISO 1600 das Ende der Fahnenstange erreicht. Die Bilder waren eigentlich nichts besser als an der FZ1000 mit 1" BSI-Sensor und ebenfalls ISO 1600. Da das Objektiv der FZ1000 lichtstärker als das Kitobjektiv der 600D ist, machte die FZ1000 unter dem Strich auch bei weniger Licht die besseren Bilder, obwohl der Sensor fast 3-mal kleiner ist.

Ganz schön verwirrend ? Macht nichts...im letzten Unterkapitel schreibe ich dann mal ein paar Empfehlungen, wo man viel fürs Geld bekommt.
Angehängte Grafiken
Dateityp: jpg DSC03413.jpg (57,3 KB, 60x aufgerufen)
Dateityp: jpg DSC03413_shadow_high.jpg (110,1 KB, 57x aufgerufen)

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