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Alt 26.01.2019, 09:25  
Algerich
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Hallo,

und auch von mir natürlich ein herzliches Wilkommen im Forum.

Die aktuellen Bilder zeigen ein harmonisches und üppiges Becken. Ich stimme meinem Vorschreiber ausdrücklich zu, dass ich jetzt mindestens weitere 4 Wochen warten würde, ehe ich in die Struktur eingreife. Das hat gleich mehrere Gründe:

a) Wie schon gechrieben: das Becken muss sich entwickeln, gesunde Bakterienkulturen müssen sich im Sediment und im Filte ansiedeln und die Pflanzen müssen anwachsen, damit vernünftig Photosynthese betrieben werden kann. Deswegen gilt gerade in der Anfangszeit, aber auch sonst die alte aquaristische Regel: "Hände aus dem Wasser!"

b) Gerade, wenn ihr nicht genau wisst, welche Pflanzen Ihr im Becken habt, müsst Ihr deren Wachstum beobachten. Ein Beispiel: Die schöne Gruppe Stengelpflanzen links vor der Wurzel (es dürfte sich bei denen entweder um eine Cabomba-Pflanze oder um Limnophilia sessiliflora handeln, genauer kann ich das nicht erkennen), wird entweder kümmern (Cabomba kann zickig sein) oder stark wachsen und die Wurzel schließlich verdecken. Dann solltet Ihr Euch entscheiden, ob Ihr die Arbeit investieren wollt, die Pflanze regelmäßig zu kürzen (dabei in mindestens der Hälfte der Fälle den unteren Teil oder Pflanze wegnehmen, damit die Spitzen schön bleiben), oder die Pflanzen lieber hinter die Wurzel stellen wollt. Ähnliches gilt für die rechte Seite: das Becken wird vor allem dann harmonisch bleiben, wenn die Pflanzen nicht zu groß werden. Das sollte man aber am besten abwarten, wenn die Korrekturen dieser Punkte kein dauerndes Hin und her verursachen sollen. Besser einen gezielten Eingriff in ein bereits eingefahrenes und stabilisiertes Becken.

c) Auch die Tiere wollen sich eingewöhnen und werden erst nach einiger Zeit ihr "typisches" Verhalten zeigen. Erst dann könnt Ihr aber auch entscheiden, ob noch etwas fehlt, oder es nach wie vor interessant ist, vor dem Becken zu sitzen und zu beobachten. Bedenkt dabei auch, dass die meisten Arten um so origineller sind, je ungestörter sie sind. Deswegen ist das Einsetzen einer weiteren Art jedes Mal eine Entscheidung von nicht unerheblicher Tragweite, die nicht übereilt getroffen werden sollte.

d) Schließlich solltet Ihr Eurer Garnelenpopulation die Gelegenheit geben, sich zu vermehren, ehe Ihr potentielle Fressfeinde einsetzt.

Zum Besatz allgemein:

a) Auch ich würde mir Gedanken um die Antennenwelse machen. Ich gehe davon aus, dass ihr den handelsüblichen "Braunen Antennenwels" (ancistrus spec.) erworben hat. Der kann leicht deutlich über 10cm groß werden, er kann sehr aggressiv gegen Artgenossen sein, sich sehr stark vermehren - muss das aber nicht unbedingt. Wenn man genau hinsieht, gibt es viele unterschiedliche Berichte über die Tiere und meiner Meinung nach kann man die gar nicht richtig berechnen. Der Grund hierfür ist schlicht, dass es die Art in der Natur nicht gibt. Der Ancistrus spec. ist eine Art "Promenadenmischung", entstanden in verschiedenen Aquarien aus unterschiedlichen Vertretern der großen Gattung ancistrus. Je nachdem, welche genetischen Merkmale sich bei den von Euch konkret erworbenen Tieren noch finden, werden sie sich in Größe, Verhalten etc. deutlich unterscheiden.
Trotzdem ist das, was Balu geschrieben hat völlig richtig: 4 Antennenwelse sind problematisch. Die innerartliche Aggression - vor allem bei Männchen, aber auch bei weiblichen Tieren - ist potentiell hoch und kann bis zu tödlichen Auseinandersetzungen führen. Wenn die Tiere eine hohe Endgröße erreichen, bietet Euer Becken auch nicht genug Möglichkeiten, Reviere abzugrenzen.
Auch die Fortpflanzung kann problematisch sein. Ich hatte selbst einmal ein Paar Ancistrus-Welse. Abweichend von allen Berichten zeigten die zunächst keine Neigung, sich zu vermehren. Das galt so lange, bis ich Ihnen eine Höhle spendiert habe. Kurze Zeit später sah ich das Männchen halb in der Höhle liegen und seinem Nachwuchs Wasser zuzufächeln. Danach hatte ich sehr bald sehr viele Tiere in unterschiedlichsten Größen. Ich hatte allerdings insoweit vorgesorgt, als ich meiner Zoohandlung die Zusicherung abgenommen hatte, mir alle Nachwuchstiere, wenn sie etwa 4cm groß wären, gegen Gutscheine für Futter etc. abzunehmen, stand also nicht vor dem Problem eines übersättigten Marktes. Trotzdem war die Situation nicht einfach, weil sich die halbwüchsigen Tiere nicht fangen ließen, ohne dass ich die ganze Einrichtung auseinandernehmen musste. Heute halte ich keine Antennenwelse mehr.

b) Mit den Panzerwelsen ist das eine ganz andere Sache. Ihr schreibt von 5 Corydoras-Tieren. Corydoras ist allerdings eine Gattung mit sehr vielen Arten. Wenn Ihr eine Großaufnahme eines Tieres einstellen wolltet, könnten wir versuchen, herauszufinden, um welche Art es sich genau handelt. Panzerwelse sind herrliche Tiere. Ich habe immer den Standpunkt vertreten, dass man unmöglich schlechter Laune bleiben kann, wenn man sieht, wie ein Trupp Panzerwelse das Becken durchstreift. Für 120 Liter wären mir hier fünf Tiere weitaus zu wenig, ich würde (gerade wenn die Zahl der Antennenwelse sich reduziert) hier mindestens zehn, vielleicht auch noch ein par Exemplare mehr halten. Aber wiederum: Geduld! Wartet noch ein paar Wochen und überlegt, ob Euch eine größere Gruppe Freude machen würde.

c) Hyphessobrycon rosaeus White Fin gelten als besonders schöne Salmler für ein harmonisches Becken. Auch hier gilt, dass es einfacher ist, eine Gruppe zu vergrößern, als eine zweite Art hinzuzusetzen. Aber wartet einmal bis die Salmler sich eingewöhnt haben. Ich selbst habe diese Art noch nicht gepflegt (mein Favorit ist der Brillantsalmler), aber über die meisten dieser hochrückigen Salmler lässt sich folgendes sagen: Man liest immer wieder, der Schmucksalmler oder der Phantomslmler oder sonst einer dieser Arten sei ein "friedlicher Schwarmfisch". Das stimmt nur teilweise. Friedlich ist der Fisch insoweit, als er keine Kämpfe mit anderen Arten austrägt und auch innerartlich keine großen Verletzungen zu erwarten sind. Ein Schwarmfisch ist er nur, wenn man damit meint, dass er in Gruppen gepflegt werden will. Ansonsten ist bei diesen Fischen, wenn man sich die Zeit nimmt, hinzuschauen, zu beobachten, dass sie kleinere, häufig wechselnde Reviere bilden und die Männchen untereinander auch imponieren. Das sind interessante Beobachtungsoptionen. eine schöne Herausforderung bei der Haltung von Gruppenfischen ist es, die einzelnen Individuen wiedererkennen zu können. Deswegen würde ich dringend raten, erst zu sehen, wie die Gruppe ihr Becken erobert hat, ehe ich Konkurrenz durch eine weitere Art machen würde.

d) Ihr schreibt, dass ihr eine "Farbenprächtige Ergänzung" sucht. Bitte seid hier besonders vorsichtig. Einiges habe ich zum Thema "neue Arten" schon geschrieben. Wie eingangs bemerkt, habt ihrzur Zeit ein üppiges, harmonisches Becken. Der Schritt zu einem beliebigen überfüllten Becken ist aber immer sehr klein. Nicht nur medizinisch kann ein Becken durch zu großen Besatz "kippen", auch ästhetisch kann ein Zuviel an Artenreichtum leicht den gesamten Beckeneindruck zerstören. Es bleibt ein Wassergefäß mit vielen Fischen. Bedenkt, dass die Tiere irgendwann so bedrängt von anderen Arten sind, dass sie gar kein originäres Verhalten mehr zeigen, sondern versuchen, den Tag in möglichst großer Distanz zu den anderen und ohne bemerkt zu werden, zu überstehen.

Auch der Hinweis "Farbenprächtig" ist meiner Meinung nach nicht ungefährlich. Ich lese das hier öfter: "Gesucht wird noch ein Eye-Catcher" oder so ähnlich. Natürlich gibt es farbige Fische, die ihr noch dazu setzen könnt, und wenn es sein muss, mache ich mir gern auch Gedanken, welche ich hier empfehlen würde. Mir selbst käme das aber nicht in den Sinn: Ihr habt mit den Salmlern eine dezente Form von Pastellfarbigkeit gewählt, die das Becken bestimmt. Das würde ich unterstreichen wollen, statt den zarten Farben durch knallfarbige Tiere Konkurrenz zu machen. Wenn unbedingt Farbenpracht sein sollte, würde ich sehr kleine Fische (Bärblinge, Hyphessobrycon amandae o. ä.) auswählen. Die werden erstens Euren Garnelen nicht gefährlich und zweitens drängen sie die Samler optisch nicht in den Hintergrund.

e) Noch ein Hinweis im Hinblick auf neue Arten: Bitte kommt keinesfalls auf die Idee, einen Buntbarsch oder gar Zwergbuntbarsch in das Becken einzubringen. Die möchten Reviere am Boden bilden und kommen daher sowohl den Panzerwelsen als auch den Antennenwelsen ins Gehege.

Entschuldigt, wenn ich zu weitschweifig geworden bin und habt bitte nicht den Eindruck, ich wollte Euch bevormunden. Wie gesagt, mir gefällt Euer Becken und ich würde mich sicher ebenso wie die übrigen Forianer freuen, wenn ihr uns an der weiteren Entwicklung teilhaben lassen wolltet. In diesem Sinne ist alles, was wir hier schreiben nur Empfehlung - entscheiden sollt und müsst gewiß allein Ihr selbst.

Bete Grüße

Algerich

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