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Vorab eine kleine Vorbemerkung:
Ich weiß nicht, ob überhaupt noch jemand diesen Beitrag hier lesen wird. Denn es ist in diesem Forum sehr ruhig geworden. Friedhofsruhe, könnte man schon sagen. Da fühlt man sich schon fast bemüßigt, mahnend seine Stimme mit der Aufforderung zu erheben: „Der Letzte macht das Licht aus!“ Nun mag dazu manch einer einwenden: Der Kerl hat gut reden, der schlägt ja selber immer seltener hier auf! Ja, stimmt. Auch ich bin immer seltener hier. Was aber nicht nur daran liegt, dass hier im Forum leider zunehmend weniger los ist, sondern auch daran, dass ich seit etwas mehr als 2 Jahren ein „trockener“ Aquarianer bin. Das hatte ich in dem letzten Fotowettbewerb-Thread von Maik (= DEUMB, der nach seinem [von mir sehr bedauerten] Weggang hier nur noch als „Gast 1“ zu finden ist) erläutert. Dabei hatte ich aber auch erwähnt, dass ich schon noch vorhabe, wieder aktiv in die Aquaristik einzusteigen, sobald die Gründe für meinen (hoffentlich nur temporären) Ausstieg entfallen sollten. Deshalb interessiert es mich schon noch, ob die Aquaristik auch unter Berücksichtigung der sich wandelnden Gegebenheiten noch eine Zukunft hat. Und wenn ja, wie denn dann diese Zukunft aussehen könnte. So, nach dieser (vielleicht überflüssigen) Vorbemerkung zum eigentlichen Thema: Wenn es nach dem Willen von ebenso radikalen, wie nicht selten von jedweder Sachkunde weitestgehend unbelasteten Hardcore-„Tierschützern“ wie PETA und Konsorten gehen würde, dann würde die (private) Aquaristik vollständig verboten. Wie wohl auch so ziemlich jede andere private Tierhaltung. Da scheint die Prämisse zu gelten: Wer am lautesten schreit, erhält am meisten Gehör! Und das scheint ja auch tatsächlich zu funktionieren. Anders ist kaum zu erklären, dass die Bundesregierung (federführend: Cem Özdemir) mit ebenso bescheidener Sachkunde die Einführung einer nationalen Positivliste für Heimtiere plant. Mit der Folge, dass die Haltung von Tieren, die nicht auf dieser Liste stehen, verboten ist. Dagegen hat sich (zu Recht) Widerstand geregt. Auch der ZZF (= Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V.) ist aktiv geworden und hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Das liegt inzwischen seit Juni 2023 vor. Dazu kann man hier mehr nachlesen: https://www.zzf.de/positionen/tierwo...rbot/gutachten Zitat: Prof. Dr. Dr. Tade M. Spranger von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn hat im Auftrag des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V. (ZZF) eine „Gutachterliche Stellungnahme zur rechtlichen Zulässigkeit der Einführung einer nationalen Positivliste für Heimtiere unter besonderer Würdigung verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Aspekte“ erstellt. Das Gutachten legt dar, dass zwar strengere Maßnahmen zum Schutz von Tieren grundsätzlich zulässig seien, aber eine nationale Positivliste einen Verstoß gegen geltendes Völkerrecht bedeute. Ihre Einführung stelle außerdem im EU-Recht unter anderem einen Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit dar. Ein Positivliste verletze zudem Grundrechte wie die Berufsfreiheit sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Derartige Eingriffe seien nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu vereinbaren. Auf der oben verlinkten Seite kann man das Gutachten als PDF-Dokument downloaden. Oder direkt über diesen Link: https://www.zzf.de/fileadmin/ZZF/Dok...ch_06-2023.pdf Das Gutachten hat einen Umfang von 168 Seiten. Aber keine Bange! Ich meine, dass es Spranger wirklich sehr gut gelungen ist, seine Ausführungen so zu formulieren, dass auch Nicht-Juristen sie gut verstehen können. Deshalb sollte sich niemand davon abschrecken lassen, das Gutachten auch wirklich zu lesen. Ich meine, es lohnt sich - auch als Argumentationshilfe in so manch einer Diskussion, die vielleicht der ein oder andere von uns vielleicht noch führen wird, soweit es die rein rechtliche Seite betrifft. Nach der Rechtsauffassung von Spranger verstößt also die geplante Positivliste gegen Völkerrecht, europäisches Recht und auch gegen das deutsche Grundgesetz. Er argumentiert rein juristisch auf der Basis der aktuell gültigen Rechtsnormen. Was Wunder!? Der Mann ist Jurist - kein Naturwissenschaftler. Aber neben den rein juristischen gibt es auch nicht minder gewichtige naturwissenschaftliche Einwendungen gegen die geplante Positivliste. Mittlerweile gilt es nämlich als erwiesen, dass z.B. nicht zuletzt ein nachhaltiger Fang von wilden Zierfischen nicht nur deren Bestände, sondern darüber hinaus auch deren Biotope schützt. Vorausgesetzt, dieser Fang wird nicht von externen Investoren, sondern von der ansässigen indigenen Bevölkerung verantwortet. Denn die haben ein vitales Interesse daran, dass auch die nachfolgenden Generationen davon noch ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Balu hat vor einiger Zeit mal an anderer Stelle ein zu dieser Thematik passendes Video verlinkt. Ich stelle den Link hier nochmals rein: https://my-fish.org/exklusives-video...l-am-amazonas/ Vermeintliche Schutzmaßnahmen „von Oben“ sind nicht selten kontraproduktiv. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Ein simples Beispiel: Die damalige brasilianische Regierung hatte vor einigen Jahren den Fang und den Export von Zebrawelsen (Hypancistrus zebra) verboten, um den Fortbestand der von Aquarianern stark nachgefragten Art zu sichern (übrigens zu einem Zeitpunkt, als die meisten Zebrawelse im Handel schon als Nachzuchten aus Asien kamen). Gleichzeitig wurde aber am Rio Xingu ein großes Staudamm-Projekt geplant bzw. schon gebaut. Mit diesem Staudamm wird aber das natürliche Habitat des Zebrawelses (nämlich die Stromschnellen, in denen er vorkommt) vernichtet. Und auch nichtaquatische Biotope sowie das Siedlungsgebiet von rund 40.000 indigenen Einwohnern. Tolle Leistung! Es macht wenig Sinn, wenn man Tiere unter (vermeintlichen) Schutz stellt, indem man ihren Fang und Export und deren private Haltung (einschließlich potenzieller Nachzüchtung) verbietet, gleichzeitig aber deren natürliche Habitate durch Rodung (lukrative Tropenhölzer für deutsche Einbauküchen), Trockenlegung von Sümpfen (für Palmölplantagen) oder Goldabbau (Vergiftung durch Quecksilber) vernichtet. Da reiht sich die mit deutscher Gründlichkeit vorbereitete Positivliste mit ähnlich überzeugender Logik prächtig mit ein. Bleibt also die Hoffnung, dass diese Positivliste nicht wirklich das Licht der Welt erblicken wird. Womit es natürlich nicht getan sein wird. Deshalb bleibt auch zu hoffen, dass der Schutz der natürlichen Habitate gelingen wird. Oder deren erfolgreiche Wiederherstellung - und sei es zur Wiederansiedlung ursprünglicher (zuvor ausgerotteter) Populationen aus (privater) aquaristischer Nachzucht. Naturschutz und Aquaristik müssen kein Gegensatz sein. Im Gegenteil. Verantwortungsvoll betriebene Aquaristik kann Naturschutz und den Fortbestand von in ihrem Bestand bedrohten Tieren wirkungsvoll unterstützen. Gruß Otocinclus 2 |
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