11.10.2001, 18:45 | #41 |
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Anton aus dem Süßwasserforum hat noch eine weitere, interessante Quelle ergraben, die ich auch hier posten möchte. Die Rechte liegen natürlich bei den Autoren des Autoren, der Kommentare bei Anton.
Will hier mal an unsere lang zurückliegende Diskussion über die Temperatur in Diskus-Biotopen anschließen. Hab' nämlich im Zuge meiner Prachtschmerlen-Recherchen eine neue, interessante Quelle gefunden: Herbert Axelrod: Tefe am Tefe im Tefe: die Heimat des Grünen Diskus. Ein abenteuerlicher Reisebericht. in: Aquarien-Magazin, September 1974 Axelrod schildert da einen Trip während des Hochwassers im März: "Im März ist Regenzeit, natürlich, und alle paar Stunden wurden wir durchgeweicht [...] Der Regen und die angeschwollenen Flüsse nagten sich in das Ufer des Amazonas und rissen den Schlamm mit ungeheurer Geschwindigkeit mit." Axelrod und Begleiter suchen dann einen Igarape (wegen des hohen Wasserstandes kaum zu erkennen), der vom Fluss zu einem See führt (wohl so einer, der im Englischen "floodplain-lake" heißt, was ich nicht genau übersetzen kann...im Artikel wird bloß "See" gesagt), und dort tauchen sie: "Trotzdem tauchten Dr. Brittan und ich unverdrossen. Unsere erste Reaktion war dieselbe: Je tiefer wir kamen, um so kälter und kälter wurde das Wasser. Das schwarze Wasser ließ keinen Snnenstrahl durchdringen. An der Oberfläche hatte es noch eine Temperatur von 34°C, in drei Metern Tiefe waren es nur noch 28°C" Das deckt sich mit dem, was wir schon rausgefunden haben: Deutliche Temperaturschichtung in Überschwemmungsgebieten, weil dort das Wasser steht. Vermutlich sind die unteren Schichten auch recht sauerstoffarm. Interessant sind die recht beachtlichen Temperaturen in der Regenzeit... Interessant übrigens auch, daß Axelrod berichtet: "Nachdem wir etwa eine Stunde getaucht hatten, bemerkten wir auf unserer Haut einen Schleimfilm, der zwar unsichtbar war, sich aber sehr eklig und gespenstisch anfühlte." Ich stell mir nämlich vor, das ist die berühmte Schutzwirkung, die die organischen Substanzen des Schwarzwassers, Huminsäuren, Fulvosäuren, Tannine und was weiß ich entfalten, sodaß die dortigen pH-Werte für Fische erträglich sind. Das Wasser, in dem unsere Fische in freier Natur leben, ist eine komplexe Sache, die sich nicht so leicht mit ein paarParametern wie pH, Härte, Leitwert, erfassen läßt... |
29.01.2002, 20:13 | #42 |
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Hallo,
ich grabe dieses Thema noch mal aus, weil ich heute einige evtl. interessante Literaturhinweise erhalten habe. Dr. Jost Borcherding von der Uni Köln hat mir diese Literaturzitate zukommen lassen, die ich nach Rücksprache mit ihm hier in den Thread reinstelle: Saint-Paul,U., Zuanon,J., Correa,M.A.V., Garcia,M., Fabre,N.N., Berger,U. & Junk,W.J. (2000): Fish communities in central Amazonian white- and blackwater floodplains. Environmental Biology of Fishes, 57: 235-250. Tejerina-Carro, F.L., Fortin, R. & Rodriguez, M.A. (1998): Fish community structure in relation to environmental variation in floodplain lakes of the Araguaia River, Amazon Basin. Environmental Biology of Fishes, 51: 399-410 Ich werde mir die Arbeiten auch bald bestellen. :smile: |
12.07.2002, 14:13 | #43 |
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Hi,
ich hol den Thread noch mal nach vorne wegen aktuellen Fragen in: http://www.zierfisch-forum.de/phpbb/...=139925#139925 |
12.07.2002, 20:45 | #44 |
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Hallo Ralf,
ich hab noch bei uns die Sammlungsberichte von Lueling rumfliegen. Der hat an verschiedenen Stellen auch Diskusfische (samt Begleitfauna) gefangen und gesammelt. Die Tiere liegen bei uns vor und man kann sie nachbestimmen, wenns genauer als die Det. Lueling, Kullander oder Klausewitz sein muß. schöne Grüße |
13.07.2002, 10:41 | #45 |
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Grüssie Hr. Ralf!
Meine Astyanax heissen Lago Tefé, scheinen also aus ähnlichen bis gleichen Gewässern zu kommen, aber nix ist fix...... Weiters zu den Wassertemperaturen: Die physikalischen Eigenschaften von Wasser in Form von Seen oder Flüssen sollten ubiquitär gleich sein. Warum misst Du nicht mal bei Dir in Deutschland einfach an einem See oder Flussufer, vor und nach einem Regen, oder in welchen Konstellationen auch immer....da müssten doch zumindest Tendenzen feststellbar sein, wie Wasserschichten auf klimatische Kurzveränderungen reagieren, oder? Alles Liebe, Ihre Wiener Verkehrsbetriebe C |
13.07.2002, 18:02 | #46 |
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Hallo Carola,
theoretisch stimmt es, daß die physikalischen Eigenschaften von Wasser überall gleich sind, aber es gibt bei der Rekonstruktion der Diskushabitate zwei Probleme: 1. wir wissen gar nicht genau, wo sich die Tiere wann und wie lange aufhalten. Gefangen werden sie manchmal in toten, tiefen Flußarmen mit dem Zugnetz oder nachts mit dem Kescher. Das bedeutet aber nicht, daß sie sich dort immer aufhalten. Es kann durchaus sein, daß sie sich nur bei Beunruhigung, z.B. durch ein Boot dorthin zurückziehen. Es kann weiterhin sein, daß die Tiere tagsüber Wanderungen duchführen. Wenn bei Manaus der Wasserstand des Rio Negro-Mündungssees am Scheitelpunkt des Hochwassers 14 bis 17m höher steht, als am Punkt der tiefsten Trockenheit, dann bedeutet das eine unglaubliche Veränderung der Habitate, da wirst du mir zustimmen. Wenn der Rio Negro Hochwasser hat, stehen Waldflächen im Wasser, deren Größe etwa mit der der Schweiz vergleichbar ist. Die Untersuchung dort ist extrem schwierig und soweit ich weiß hat es noch niemand in größerem Umfang gemacht. Kein Mensch weiß also, ob die Diskusfische während des Hochwassers in die Wälder ziehen und wo sie sich aufhalten, was sie dort machen. Man weiß nur, daß es in der Trockenzeit in bestimmten Gewässern exportfähige Jungtiere von 6 bis 10 cm Länge gibt. Die Diskusfische werden also brüten, tun sie es einzeln, in lockeren Gruppen oder in Kolonien mit Jungenaustausch? Keiner weiß es. 2. die Wassermassen, die in Amazonien täglich bewegt werden, gibt es nirgendwo sonst auf der Welt. Der Amazonas ist der mächtigste Strom der Welt, sein Hauptbett ist teilweise so breit, daß man das andere Ufer nicht mehr sieht. Die drei größten Nebenflüsse Rio Negro, Madeira und Rio Xingu sind jeweils größer als der zweitgrößte Strom der Erde, der Kongo. (Strom = Fluß, der ins Meer fließt, Größe gemessen an der Wasserschüttung). Der Mündungssee des Rio Negro ist über 100 m tief (in der Trockenzeit!!!), und bis zu 30 km breit. Der Amazonas ist mindestens 2500 km mit Hochseeschiffen befahrbar, Kreuzfahrtschiffe wie die MS Europa gehen regelmäßig in Manaus vor Anker. Die Wassermassen in diesem System sind so unvorstellbar groß, mit den Mitteln der europäischen Limnologie kann ein solches System nicht erfasst werden. Sicherlich lassen sich einzelne Rückschlüsse im Bereich der Mikrohabitate führen, aber ein genereller Vergleich scheint mir unmöglich. Ich sehe im Moment nur zwei Möglichkeiten zur Biotopstudie: - Suche in Bibliotheken nach Reiseberichten mit wissenschaftlichem Hintergrund. Da gibt es einige, aber nicht wirklich viele. - Packen wir Netze, Kescher, pH-Meter, LW-Messer, Maske und Flossen ein und buchen einen Flug nach Manaus. schöne Grüße |
14.07.2002, 09:58 | #47 |
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Carola,
> Meine Astyanax heissen Lago Tefé, scheinen also aus ähnlichen > bis gleichen Gewässern zu kommen, aber nix ist fix...... Lago Tefe, Du beziehst Dich auf die Tefe Diskus. Das heisst erst mal leider nicht viel. Es scheint so zu sein nach allen Infos, die mir vorliegen, daß die kleineren Salmler sich oftmals in den den großen Seen und Flüssen zufließenden Creeks aufhalten, die sind deutlich kühler als die großen Wassermassen. Die Wasserwerte wohl in etwa gleich, obwohl man bzgl. der organischen Inhaltsstoffe gewaltige Unterschiede machen muß. > Weiters zu den Wassertemperaturen: > Die physikalischen Eigenschaften von Wasser in Form von Seen > oder Flüssen sollten ubiquitär gleich sein. Sind sie aber nicht. > Warum misst Du nicht mal bei Dir in Deutschland einfach an > einem See oder Flussufer, vor und nach einem Regen, oder in > welchen Konstellationen auch immer....da müssten doch > zumindest Tendenzen feststellbar sein, wie Wasserschichten auf > klimatische Kurzveränderungen reagieren, oder? Bei Seen aus folgendem Grund. Seen der gemäßigten Zone bilden im Sommer sogenannte Sprungschichten aus, sie werden als dimiktische Seen bezeichnen. Oben ganz warm, dann in etwa 2 m Tiefe ein pötzlicher Übergang zu ganz kalt. Dieses Muster wird im Frühjahr / herbst kräftig umgerührt. Tropische Seen haben diese Sprungschichten nicht, sie werden als polymiktische Seen bezeichnet. Zu den Flüssen, da müssten wir genauere Infos a) zu den Temp. und Wassermassen der Niederschläge haben, b) zu den Temp. und Wassermassen der Flüsse und Seen b1) in der Trockenzeit b2) in der Regenzeit haben. c) Infos zur Energie-/Abstrahlung aus/in die Gewässerkörper. @Tobias, die Daten aus Lülings Aufsammlungen (warum bin ich da nicht eher drauf gekommen), wenns nicht zuviel Aufwand macht. Wenn doch, würde ich gerne mal selber mir die Sammlung anschauen. |
14.07.2002, 10:07 | #48 |
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Carola,
Nachtrag, ich hatte den Link auf die täglich aktualisierten Wetterseiten für Südamerika hier gebracht. Wenn Du da mal reinschaust und ein bisschen Deine Phantasie schweifen läßt und sie mit unseren Sommergewittern in Verbindung bringst, dann bekommst Du eine keichte Vorstellung, wie das da unten so abgeht in der Regenzeit: Niederschläge in der Regenzeit von 36-40 l / m² täglich. Das sind Wetterdimensionen, die bei uns jedes mal eine lokale Überschwemmungskatastrophe auslösen (Kanäle, Straßen, kleine Bäche). Und das täglich über Wochen und Monate. Wenn Du Dir vorstellst, daß zwischen Niederigwasser und Hochwasser 12 m Differenz liegen und das bei einem weitgehend flachen Land, dann ahnst Du, was da abgeht. Dort kommt relativ schnell innerhalb von einigen Wochen eine Hochwasserwand von 12 m die größeren Flüsse herab. Nur als Beispiel. Köln. Die Katatstrophenhochwässer 1994/1995 mit Erreichen der 10 m Pegelstandstandsmarke abzüglich des normalen Wasserstandes von vielleicht 2 m. Das ganze als noch mal mal 2 und auf eine um ein vielleicht Tausendfach größeren Fläche des überschwemmten Gebietes. |
15.07.2002, 10:12 | #49 | |
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Hi Ralf,
Zitat:
Hier ehrlich gemeinte Fragen von mir (die einfachsten sind oft die schwierigsten): Regnet es über dem Amazonas aus den gleichen Gründen wie bei uns? (temperaturabhängige H2O-Sättigung der Luft?) Wenn ja, haben Wolken die gleiche Temperatur wie die sie umgebende Athmosphäre? Hat dann der ausfallende Regen die gleiche Temperatur wie die ihn umgebende Athmosphäre? Wenn ja, dann müsste der Regen so temperiert sein wie die Luft, wenn nein, dann spielt die Verdunstungskälte mit hinein, und der Regen ist kühler als die Luft. Ist es so? Dann regnet es gewisse Mengen gewisser Temperaturen auf eine bestehende, polymiktische, Wassermasse, die Sonnenstrahlen kommen auch wieder durch. Richtig? Ist der Regen kühler als die Luft, so sollte sich das bestehende Gewässer abkühlen, um sich dann wieder langsam "zurückzuerwärmen". Oder? Ist der Regen so warm wie die Luft, so sollte sich nichts ändern an der Temperatur des Gewässers, vorausgesetzt es hat Umgebungstemperatur. Was hab ich ausser Acht gelassen? Meine Fragen harren Deiner Antworten, ich geh den "Ehrendorfer" schmökern....... Carola |
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15.07.2002, 11:56 | #50 |
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Hallo,
so, ich hab mich grad in einer Stunde relativer Ruhe hingesetzt und die Karteikarten der Lueling-Expeditionen durchgesehen. Das war ein etwa 15 cm starker Stapel aus 80g-Karten, keine Ahnung, wie viele. Ich fand das sehr aufwändig, irgendjemand schuldet mir jetzt ne Tasse Tee. Unter den etwa 1000 Fischen, die wir von diesen Expeditionen haben, waren 2 Chargen, die als Symphysodon discus identifiziert worden sind. - Charge 1 stammt von "einem lehmig-schlammigen Ufer einige Kilometer unterhalb der Nanay-Mündung". Der Rio Nanay liegt in Peru und mündet in der Stadt Iquitos in den Ucayali, der laut meiner Karte ab da Amazonas heißt. Hierzu gibt es eine große Begleitfauna aus Dianema longibardis, mehreren Harnischwelsen, etwa 10 Salmlern, Eigenmannia virescens, Bunocephalus bicolor, "Aequidens vittatus" (vermutlich Fehlbestimmung), Pseudoplatystoma und einigen Tieren mehr. Bei näherem Hinsehen haben sich die vermeindlichen Symphysodon discus als Heros appendiculatus entpuppt..... - Charge 2 stammt aus dem Rio Putumayo, bei Poto Urco. Der Putumayo ist der Grenzfluß zwischen Peru und Kolumbien, aber die Ortschaft Poto Urco habe ich nicht ausmachen können. Die Tiere aus dieser Charge haben sich als etwas seltsam aussehende Symphysodon aequifasciatus herausgestellt. Leider habe ich in der Sammlungskartei bisher keine Begleitfauna finden können. Ich werde in den nächsten Tagen nach einer Publikation suchen, vielleicht ist da mehr über das Biotop zu finden. Die Tiere sind übrigens vergleichsweise klein, etwa 10 cm Körperlänge und wirken sehr filigran. Sie sind seitlich deutlich stärker komprimiert, als die Tiere, die man sonst im Aquarium findet und haben ein wesentlich spitzeres Maul. Über die Färbung der Alkoholleichen als sie noch lebten kann ich selbstverständlich nicht viel sagen, wir harren dem Finden einer Publikation. schöne Grüße |
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