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Alt 09.12.2002, 09:28   #1
Thomas P.
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Standard Maulbrüter - Wieviel Arten - Ursprungshabitate?

Hallo Leute!

Durch einen Thread http://www.aquaristikserver.de/forum...=202614#202614 wurde ich auf die Maulbrüterthematik aufmerksam.

Eine Google - Suche nach einer Zusammenfassung ergab keine (befriedigenden) Ergebnisse.

Könntet Ihr mir mal bitte eine Zusammenstellung machen und nach erzielter Vollständigkeit wäre es vielleicht nicht schlecht, diesen Thread durch die Moderatoren in die FAQ zu verschieben.

Danke und Gruß

Thomas
 
Alt 09.12.2002, 09:48   #2
Roland Bauer
 
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Hi, Thomas!

Hochinteressante Frage, zumal diese Art der Brutpflege scheinbar quer durch alle Arten vorkommt. - Sich also unabhängig bei verschiedenen Gattungen entwickelte.

Ich weiss von Chicliden, Anabantoiden (Labyrinthern) und Welsen, die diese Brutpflege betreiben. Interessant und nicht ganz geklärt scheint die Sache beim Schokoladengurami zu sein, es wurde sowohl von maulbrütenden als auch von schaumnestbauenden berichtet.

Was mich immer noch in Staunen versetzt ist die Frage, wie sich die Maulbrutpflege vor allem auch dort entwickelte, wo die Männchen die Pflege übernommen haben. Mir fehlt schlicht und einfach das Verständnis dafür, wie die Evolution mit ihrem Spiel von "try and error" innerhalb des Mutationsgefüges die Männchen dazu brachte, Verantwortung für die Brut zu übernehmen...

gruss, roland
Roland Bauer ist offline  
Alt 09.12.2002, 09:48   #3
Stan
 
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Hallo Thomas

Es werden viele sein

Maulbrüter aus Tanganjikasee:Gattungen:

Aulonacranus
Callochromis
Cardiopharinx
Cyathopharinx
Cyphotilapia
Cyprichromis/Paracyprichromis
Benthochromis
Eretmodus
Limnotilapia
Ophtalmotilapia
Petrochromis
Simochromis
Spathodus
Tanganicodus
Tropheus
Xenotilapia

Xenotilapia, Eretmodus, Spathodus und Tanganicodus beteiligen sich,soweit ich weiss, beide Eltern an der Brutpflege.
Stan ist offline  
Alt 09.12.2002, 10:00   #4
Stan
 
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Victoriasee:

Verschiedene Haplochromis
Astatotilapia
Astatoreochromis


bei Haplochromis sp. "Orange Rock Hunter" betreibt das Männchen die Brutpflege(Seehausen 1996)- einzige Ausnahme im Victoriasee.


Grüß Stan


P. S. auf einer fr. Seite steht, dass Orange Rock Hunter biparente Maulbrüter sind :-? . http://victo.free.fr/fr/pages/page_especes.html
Stan ist offline  
Alt 09.12.2002, 10:16   #5
Thomas P.
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Danke Euch erst einmal,

da gibt es ja bezüglich http://www.aquaristikserver.de/forum...ic.php?t=27104 erheblichen Klärungsbedarf.

Auf alle Fälle drucke ich mir diesen Thread aus, um zu wissen, wonach ich schauen kann.
 
Alt 09.12.2002, 10:23   #6
Ralf Rombach
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Hallo Thomas,

ich gehe jetzt nicht auf die Suche und schreibe Dir vielleicht an die 1.000 Arten auf, die Maulbrutpflege betreiben. Das ist widersinnig.

Interessanter ist eher die Tatsache auf die Roland schon hinweis. Wie kommt es quer durch die Gruppen zur Entstehung der Brutpflege und des Maulbrütens.

Dazu muß man theoretisch weit ausholen.

Es gibt sogenannte r-Stragen und k-Strategen.

Die r-Strageten sind bzgl. ihrer Fortpflanzung ganz vereinfacht, daß was man Freilaicher nennt, sie produzieren Unmengen von Eiern, scheißen sie wild durch die Gegend und kümmern sich nicht mehr darum. Vorteil: Geringer bis kein Aufwand für die Brutpflege, Nachteil - enorm hohe, im Zweifelsfall für die Art nicht kalkulierbare Ausfälle. Klassische r-Strategen sind die ganzen plantonischen Arten des Meeres, aber auch im Süßwasser, auf landlebende Tiere bezogen wird die Sache komplizierter.

Die nicht kalkulierbaren Ausfälle bergen ein Überlebensrisiko für die Art. Insofern ist es ein Bestreben der Evolution, diese Ausfälle zu verringern. Konkret geht das nur, wenn die Tiere

a) beginnen, Brutpflege zu betreiben, damit die Überlebenswahrscheinlichkeit erhöhen und

b) damit den Energie- und Stoffeinsatz minimieren können.

Das Ergebnis sind dann die k-Strategen, deren Populationsentwicklung sich an der Kapazität des Lebensraumes orientiert, sie versuchen möglichst nah an der optimalen Ausnutzung des Lebensraumes bezogen auf Individuenzahl zu kommen und diesen zu halten.

Eine der weitgehenden Konsequenzen dieser evoltiven Entwicklung ist die Verlagerung der Jungtieraufzucht in den Körper eines der Elternteile, welcher ist erstmal zweitrangig. In höchster Vollendung bei den Säugetieren, tritt dies jedoch in vielen anderen Tiergruppen unabhängig voneinander auch auf. Beispiele (nur einige):

Wabenkröte,
lebendgebärende Schlangen,
lebendgebärende Zahnkarpfen (die sind wieder ein Sonderfall, da eigentlich r-Stratege),
Wasserflöhe (ebenfalls ein Sonderfall, da eigentlich r-Stratege),
Schnecken (Viviparus),
Seepferdchen (hier der Mann)

usw. - die Liste läßt sich fast beliebig durch alle Tiergruppen fortsetzen.

Wasserflöhe als Sonderfall: Eigentlich sind Wasserflöhe r-Strategen mit rasantem Populationsaufbau und Abfall. Dennoch kommt es hier auch zur Verlagerung der Larvalentwicklung in den weiblichen Körper, das hat hier aber andere Funktion, da diese Art der Fortpflanzung parthenogenetisch erfolgt und dem schnelle Populationsaufbau dient.


Amphibien. Beispiel der Wabenkröte kam schon. Nimm die einheimische Geburtshelferkröte, bei der tragen die Männchen die Eischnüre durch die Gegend und bringen die schlüpfen Quappen dann ins Wasser. Vorstufe der Brutpflege.

Bleiben wir bei den Fischen.

Primär sind Fische Freilaicher, primär (selbst bei Haien und Rochen - sind ja keine Fische - kommt es zu Lebendgebären). Die Tendenz ist bei vielen Gruppen ausgeprägt, die Eizahl zu verringern und dafür Brutpflege zu betreiben.

Übergangsstadien aus den Freilaicher wären beispielsweise die Panzerwelse, die vorrangig die Eier ausserhalb ihres eigenen Aufenthaltsraumes ablegen.

Spritzsalmler mit Eiablage außerhalb des Wasser voller Feinde und befeuchten des Geleges eine weitere.

Sobald die Tiere vom Freilaichen zum Haftlaichen übergehen, sind die Bedingungen für den Beginn der Brutpflege vorgezeichnet. Denn nur haftende Gelege bleiben zusammen -> kann ich mich drum kümmern.

Die Zwischenstadien sieht man allenthalben vor allem bei den Cichliden von Offen-Substratlaichern über Höhlenlaichern usw.

Die Harnischwelse aus einem anderen evolutiven Zweig sind da insgesamt als Gruppe noch nicht so weit gediehen, Brutpflege kommt nicht bei allen Unterfamilien vor.

Haftlaichen mit Brutfürsorge reicht aber in Lebensräumen mit einem sehr hohen Feinddruck immer noch nicht aus. Insofern müssen die Tiere weitere Mechanismen entwickeln, um die Ausfälle der Jungfische zu verringern. Die letztendliche Tendenz ist dann die Maulbrutpflege. Es ist kein Zufall, daß sich diese gerade da entwickelt hat, wo

a) der höchste evolutive Druck auf den Arten liegt
b) das sind letztlich die sog. Biodiversitätszentren (auf deutsch ganz einfach Regenwaldgebiete und tropische Korallenriffe)
c) die Lebensräume vergleichsweise als aus geologischer Sicht sind, d.h. die Evolution hier lange arbeiten konnte.

Ergebnis: Man findet Maulbrüter in verschiedenen Gruppen unabhängig voneinander. Die maulbrütenden Bettas (Anabantoiden) aus SO-Asien, die Maulbrüter aus den afrikanischen Seen, die maulbrütenden Geophagus- und die eine Apistogramma Art aus Südamerika, einige Arten der HArnischwelse aus Südamerika (Westafrike weiß ich jetzt nicht so aus dem Kopf heraus, bin aber sicher, daß es dort auch Maulbrüter gibt).


Damit aber nicht genug, das reicht nicht. Die Höchstentwicklung der Brutpflege ist die Verlagerung der Larvenentwicklung in den Körper eines Elternteiles. Da sind die ganzen Lebendgebärenden am weitesten entwickelt, seien es die Poeciliidae, Goodeidae oder die Halbschnabelhechtlinge.
Genau dieses aber wieder ermöglicht es gerade den Poeciliiden mit einer enomren Anpassungsfähigkeit an diverse Wasserwerte die Tendenz der k-Strategie zu verlassen und wieder zu r-Strategen zu werden. Letztlich liegt darin der weltweite Erfolg in den Tropne und Subtropen bei diesen Tieren.

Langer Rede kurzer Sinn. Eine einfache Antwort gibt es nicht.
 
Alt 09.12.2002, 10:24   #7
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Hallo,

die Maulbrüter-"Problematik" ist etwas, das mich schon lange fasziniert und an dem ich immer halbwegs dranhänge, ohne mich jedoch zu trauen, da ein komplettes Projekt draus zu machen.

Maulbrüter gibt es im Süßwasser unter folgenden Familien (kein Anspruch auf Vollständigkeit):
- Cichlidae
- Anabantoidae
- Ariidae
- Tandaniidae
- Apogonidae
- Osteoglossidae

Im Meerwasser gibt es ebenfalls mehrere verschiedene Maulbrüter.

Interessant ist, daß alleine in der Familie Cichlidae das Maulbrutverhalten mehrfach entwickelt wurde:

Heroine Cichliden in Südamerika:
- Heros spec. ist ein larvophiler Maulbrüter
- verschiedene Bujurquina-Arten sind larvophile Maulbrüter
- Tahuantinsuyoa macantzatza ist (larvophiler?) Maulbrüter

Geophagine Cichliden in Südamerika:
- in der Gattung Geophagus gibt es larvophile und ovophile Maulbrüter
- in der Gattung Gymnogeophagus gibt es larvophile (und ovophile?) Maulbrüter
- der Komplex um "Geophagus" steindachneri ist ovophil und zwar als einzige in Amerika hochspezialisiert
- In der Gattung Satanoperca gibt es larvophile und spätovophile Maulbrüter
- Papiliochromis altispinosa ist auf dem Weg zum Maulbrüter, zum Ovophilen
- Apistogramma spec. "Maulbrüter" ist lavophiler Maulbrüter

Tilapiine Maulbrüter in Afrika:
- einige Tilapien sind ovophile Maulbrüter
- in der Gattung Chromidotilapia scheint es alle Formen des Maulbrütens zu geben
- Alle Arten aus dem Malawisee und zahlreiche Arten aus dem Tanganijkasee sind hochspezialisierte Maulbrüter

Zur Erklärung:

Ovophile Maulbrüter sind Tiere, die das gesamte Ei, samt Eihülle ins Maul nehmen. Dies kann direkt nach der Eiablage passieren, aber einige Arten pflegen auch das Gelege noch eine Weile, bevor sie es ins Maul nehmen.

Lavophile Maulbrüter nehmen entweder die Larven ins Maul oder entfernen die sich entwickelnden und noch ungeschlüpften Tiere aus der Eihülle. In allen Fällen ist der Dottersack von einer zusätzlichen Membran umgeben, so daß hier von der morphologisch höheren Anpassung gesprochen wird, auch wenn die ovophile Maulbrutpflege vermutlich den besseren Schutz gewährleistet.
Ovophile Maulbrüter können also nicht aus den larvophilen hervorgegangen sein.

"hochspezialisierte" Maulbrüter sind Tiere, bei denen die Befruchtung der Eier im Maul des Weibchens abläuft. Die ostafrikanischen hochspezialisierten nutzen hierfür die Eifleckmethode, während "Geophagus" steindachneri-Weibchen eiartige Knötchen in den Mundwinkeln besitzen, die den Männchen Eier vorgaukeln. Diese versuchen, die Atrappen zu befruchten, was dazu führt, daß das Weibchen die Spermien aufnimmt.

Aus den vorgenannten Beziehungen lässt sich zwanglos schließen, daß alleine bei den südamerikanischen Cichliden das Maulbrüten mindestens 10 mal unabhängig voneinander entstanden ist und mindestens einmal gerade entsteht.
Kullander schrieb einmal "I am curuious what we can expect from Crenicichla", er denkt also möglicherweise auch in dieser Gruppe an Maulbrüterformen.

Auffällig ist bei dieser Betrachtung, daß fast ausschließlich sehr bodenorientierte Tiere in Südamerika die Maulbrutpflege entwickelt haben. Die einzige Art, die man nicht als streng bodenorientiert bezeichnen kann, ist Heros spec.
Da stellt sich die Frage: ist das lang vorgeschobene, unterständige Maul der Geophagus und Satanoperca eine Folge der Maulbrutpflege oder vielleicht eine erleichternde Voraussetzung?

schöne Grüße

Gast ist offline  
Alt 09.12.2002, 10:33   #8
Thomas P.
Gast
 
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Ok Jungs!

Macht weiter so! :wink:

Thread ist gebookmarkt, werde ich mal in aller Ruhe lesen.

Ich sehe aber, wie lächerlich meine Bemerkung ob der Melanochromis wirken mußte.

Hochinteressant.
 
Alt 09.12.2002, 10:38   #9
Roland Bauer
 
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Hi!


<<sie produzieren Unmengen von Eiern, scheißen sie wild durch die Gegend>>

Auflockerung am Rande:

Was ist der Unterschied zwischen Protoplasma und einem Huhn?

Protoplasma ist ein Eiweißscheibchen, ein Huhn dagegen ist ein Eischeißweibchen.

gruss, roland
Roland Bauer ist offline  
Alt 09.12.2002, 10:50   #10
Ralf Rombach
Gast
 
Beiträge: n/a
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Mist,

Ich kauf mir ein m.
 
 

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