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Alt 13.12.2002, 10:03   #1
Ralf Rombach
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Beiträge: n/a
Standard Corydoras mamore n. sp. (C 11) - vda aktuell 1.2003 :-(

 Hallo,

muß mal gerade meine Enttäuschung kund tun.

Im neuen VDA aktuell (Vereinsblättchen) 1.2003 findet sich

Knaack, J. (2003): Erstbeschreibung von Corydoras mamore n. sp. - VDA aktuell 1.2003, 16-
24. ISSN 1615-1976

Vorab denke ich, daß Erstbeschreibung in Vereinsmittleilungsheften nichts verloren haben, aber
das ist nur eine Frage nebenbei.

Inhaltlich:

1. Material

besteht aus 1 Holotypus und 3 Paratypen, die in Museen hinterlegt sind. Das ist für eine
Beschreibung einer Art aus dieser heiklen Gattung, dünn, mehr als dünn als statistisches
Material. Zitat S. 18: „Vom konservierten Material werden Topotypen - jeweils zwei Mänchen
und zwei Weibchen - den Sammlungen der in der Einleitung benannten Museen übergeben.“

Eine Einleitung gibt es nicht, zumindest nicht als solche gekennzeichnet. Auf Seite zwei findet
sich namentlich erwähnt nur das ZMA (Museum Koenig), weiteres Zitat dort (S. 17): „Beleg-
Material ist für die Sammlungen MTD-F, ZMA, ZMB, CIRA-UTB, MCP und CAS
vorgesehen.“

Das sind 6 Museen nach Codeschlüssel, der Holotpyus ist im MTD-F, der erste Paratypus
ebenfalls, der zweite Paratypus im ZMA, der dritte im CIRA-UTB. Bleiben noch 4 weitere
Tiere, die auf drei weitere Musen verteilt werden sollen, wie bleibt Geheimnis des Autors. Diese
4 Topotypen sind damit nicht verfügbar.

2. Beschreibung

Die Beschreibung ist dünn, mehr als dünn. Zitat S. 18: „Verhältniszahlen sind errechnete
Mittelwerte von 35 (!!!) C. mamore-Männchen zwischen 29-37 mm sl“ (Standardlänge).

Wow, die Mittelwerte sind unbrauchbar, da nicht überprüfbar, es sind genannt lediglich 4
Typenexemplare, davon 3 Männchen. Bleiben 32 weitere Männchen im Dunkel des Ratens, die
errechneten Mittelwerte sind damit nicht überprüfbar, da die Tiere nicht klassifiziert und
verfügbar sind.

Ob dies ein formaler Fehler ist, der zur Unwirksamkeit der Erstbeschreibung und damit zu
einem nomen nudum führt, bleibt zu prüfen.

Zitat S. 19: „Diesem Leben sind die Augen angepasst, sie sind bezogen auf auf die sl, etwas
größer als bei C. cruziensis und liegen parallel zur vertikalen Längsachse des Körpers.“

Was ist die vertikale Längsachse ? Die Angabe etwas größer als bei ... ist ohne Tabellenmaterial
und statistischer Absicherung unbrauchbar und eine Nullaussage.

Zitat S. 19: Weibliche Tiere werden geringfügig(35-37,5 mm/sl) größer als die stets in Überzahl
gefangenen Männchen (32-35,5 mm/sl).“

Ähm - es ist aber nur ein Weibchen als Paratypus klassifiziert mit 36,5 mm/sl. Die Typen
der Männchen schwanken zwischen 29,5 und 35,5 mm/sl. Wieso gibt es da einen Ausreißer
nach unten ?

Die Angaben zu den Gewichten spare ich mir, da die Zahlen so unbrauchbar sind (umgerechnet
mg/mm sl), da reicht schon 1 mm Abschätzungsfehler der sl und schon ist die schönste Statistik
zum Teufel.

Ziata S. 20: „Pectoralstachel mit 12-14 größeren Zähnen und 4 bis 6 kleinen senkrecht
stehenden Zähnchen.“

Eine Abbildung fehlt (s.u.) - eine Zeichnung fehlt. Form und Richtung der Zähne auf dem
Pectoralstachel als wichtiges trennendes Merkmal bei Corydoras (bisher haben wir nicht viel
besseres) fehlen.


Eine Differentiladiagnose gegen nah verwandte Arten, insbesondere der genannten C.
cruziensis, C. cf. Guapore, C. cf. Geryi fehlen.


4. Diskussion

Hier tauchen plötzlich weitere Arten namentlich auf, ohne daß im Text und der Beschreibung
auf diese eingegangen wird: C. punctatus, C. sopei, C. julii, C. trilineatus, lediglich, dass die
neue Art hier in diese Gruppe nicht einzuordnen ist. Begründung durch trennende Merkmale
fehlen.

Zitat S. 21: „dem C. guapore Knaack, 1961, in Größe, speziell Körperform und Verhalten sehr
ähnlich ist.“

Begründung durch Angabe und Absicherung trennender Merkmale fehlen. Auch wenn Herr
Knaack C. guapore schon im Jahre meiner Geburt beschrieben hat, also über viel, viel mehr
Kenntnisse als ich bei dieser Tiergruppe verfügt, sind diese Angaben so in der Form
unbrauchbar.

Weitere genannte Arten in der Diskussion (es kommt da noch C. caudimaculatus) ebenfalls
ohne Differentialdiagnose während oder nach der Beschreibung.


5. Fotos:

a) Ein Foto ohne Klassifizierung des Tieres und seines Verbleibs. Dürfte sich um den Holotypus
handeln.

B) Ein Foto eines Dorsalstachels ohne Klassifizierung des Tieres und seines Verbleibs.

C) Ein Foto des Pectoralstachels, auf dem man mit der Lupe vielleicht die Stellung der
Zähnchen ausmachen kann, Detailaufnahmen fehlen, ebenso die Klassifizierung dieses Tieres
und damit auch sein Verbleib.


6. Weitere Angaben:
Es folgen noch weitere Angaben zur Aquarienhaltung, die für die Erstbeschreibung unwichtig
sind über fast 1 Seite.


7. Etymologie:

gut gewählter Name, leider aufgrund vermutlich formaler Fehler und einer ausstehenden
Revision als nomen nudum oder als Synonym nun verloren.


8. Danksagung:
Die Kommentierung spare ich mir, weil ich damit ja Kollegen diskreditieren würde.


9. Literatur:

Zitat S. 23: „Literaturverzeichnis liegt der Redaktion vor.“
Das ist schlicht eine Frechheit, zu einer wissenschaftlichen Publikation gehört zwingend ein
Literaturverzeichnis,

genannt sind
Nijssen & Issbrücker (1980)
Franke (1993)

mehr nicht, wenn ich keinen übersehen habe.

Theoretisch gehören noch die per vergessener Differentialdiagnose Erstbeschreibungen von C.
geryi Nijssen & Issbrücker, 1983; C. cruziensis Knaack, 2002


10. Wertetabelle.

Hinweis auf verwendete Abkürzungen auf Nijssen & Issbrücker (1980), Lit.angabe fehlt, daher
nicht überprüfbar, was die Abkürzungen heissen, wenn man sie nicht kennt. In dieser
Wertetabelle tauchen plötzlich 5 klassifizierte Tiere auf, 1 Holotypus, 3 Paratypen, im
Materialteil war nur von 4 Typen die Rede zzgl. 4 weiterer Topotypen mit unbekanntem
Verbleib.

Der Holotypus von C. guapore wird in der Tabelle mit (1) markiert. Offenbar soll dies die
Differntialdiagnose ersetzen. Schaut man sich die Einzelwerte an, so liegt der Holotpyus von C.
guapore in 11 von 15 Einzelwerten innerhalb der Bandbreite der 5 Typen von C. mamore n. sp.

Als Fußnote findet sich: Zitat S. 24:

„(1) Die Werte des Holotpyus von C. guapore werden durch Serienuntersuchungen von
Topotypen bestätigt (Publikation im Druck) - eine innerartliche Variabilität der beiden Spezies
verschiedener Populationen wurde z.B. im Vergleich zu. C. ellisae nicht festgestellt.“

Satz 1 - welche Werte werden durch die Serienuntersuchungen bestätigt ?. Lage innerhalb des
Variationsbereiches von C. mamore ?
Satz 2 - was heisst innerartliche Variabilität verschiedener Populationen der beiden Spezies,
wenn keine Reihenmesseungen von Individuen verschiedener Populationen hier publiziert
wurden.
Satz 3 - die zitierte Variabilität von C. ellisae ist ohne Vergleichstabelle oder Hinweis auf Lit.
Mit einer entsprechenden Tabelle eine Nullaussage.



Zusammenfassung aus meiner Sicht:

1. Bin ich schwer enttäuscht, daß die Schriftleitung und der Redaktionsbeirat des vda aktuell
einen solchen Artikel, der so wohl in keiner anderen Zeitschrift unterbringbar ist, zum Druck
angenommen haben.

2. Die Erstbeschreibung wimmelt von inhaltlichen Schwächen und eine saubere Zuordnung
eines Tieres XYZ, daß ich möglicherweise mal erhalte, ist so nicht möglich, da überhaupt keine
Differentialmerkmale angegeben werden. Damit bleibt die Identität von C. mamore n. sp.
letztlich erstmal ungeklärt.

3. Andere Leute in einigen Jahren oder Jahrzehnten dürfen sich mit dieser Publikation (weitere
ließen sich durchaus noch bringen) rumschlagen und die Sachverhalte überarbeiten und
nachprüfen. Damit wird wertvolle Arbeitszeit anderer Ichthyologen gebunden.

4. Wenn man nicht richtig kann, sollte man Erstbeschreibungen lieber lassen. Das ist ein hartes
Wort, zugegeben, aber ich weiß, warum ich bisher neue Insektenarten, die ich in meiner privaten
Sammlung habe, bisher nicht beschrieben habe. Es ist nämlich viel, viel Arbeit, wenn man es
vernünftig machen will.

4. Schade um den vergeudeten, wirklich guten Namen.
 
Alt 13.12.2002, 10:22   #2
alberlie
 
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Hallo Ralf,

Zitat:
Andere Leute in einigen Jahren oder Jahrzehnten dürfen sich mit dieser Publikation (weitere
ließen sich durchaus noch bringen) rumschlagen und die Sachverhalte überarbeiten und
nachprüfen. Damit wird wertvolle Arbeitszeit anderer Ichthyologen gebunden.
Sieh es doch andersherum: Viele ehrgeizige Nachwuchsforscher werden dankbar sein, in einigen Jahren mit aufsehenerregenden papern die Rätsel um c. mamore lüften zu können. :P
alberlie ist offline  
Alt 13.12.2002, 10:32   #3
Thomas P.
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Hallo Ralf!

Erst einmal eine Frage. Was bedeuten denn diese Zeichen &#8222. (& # 8 2 2 2) - fehlt mir ein Sonderzeichen in meinen Fonts?

Diesen Bericht werde ich morgen mal meinen Bekannten zeigen, der hat selber schon Fische (Salmler) beschrieben.

Seinen Aussagen zufolge steht auch eine umfassende Revision der Corydoras an.
 
Alt 13.12.2002, 10:45   #4
Ralf Rombach
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Hallo Thomas,

erstmal müsste ich nocht einige Korrekturen an meinem Text machen. ZMA ist nicht Museum Koenig, da müsste ich jetzt selber anchschauen.


> Erst einmal eine Frage. Was bedeuten denn diese Zeichen
> &#8222. (& # 8 2 2 2) - fehlt mir ein Sonderzeichen in meinen
> Fonts?

Kommt aus meiner Textverarbeitung. Bei den Zitaten ist es Anführungsstriche unten und oben. Den Text hatte och offline geschrieben. Da kommt das schonmal vor. Ist nicht MS Wordmist , sondern Corel WordPerfect 8.


> Diesen Bericht werde ich morgen mal meinen Bekannten zeigen,
> der hat selber schon Fische (Salmler) beschrieben.

Bin mal auf Rückmeldung gespannt. Bei den Salmler habe ich die letzten Erstbeschreibungen nicht weiter verfolgt, derzeit sammle ich schwerpunktmäßig Corydoras und Loricariidae, manchmal kommt man aus dem Staunen nicht raus. Dieser Artikel ist nur ein Beispiel, das mir gestern abend ziemlich übel aufgestoßen ist.


> Seinen Aussagen zufolge steht auch eine umfassende Revision
> der Corydoras an.

Nicht nur eine, sondern mehrere. Frage ist nur, wer sie macht und auf welchem Niveau. Der bisherige Ansatz und das merkt man doch auch hier im Forum (regelmäßige Frage: Welcher Cory ist das ?) zeigt sich mehr und mehr als falsch. Eine gründliche Revision ist schwer, sehr schwer. Zum einen mangels Material, man müsste alle Typen, die in den Museen der Welt liegen beschaffen und überarbeiten, man müsste neue trennende Merkmalskombinationen ausarbeiten, das ist schon schwer, dann sind mit Sicherheit einige Typen in den Wirren der Menschheit verschollen - was weitere formale Probleme bzgl. der Aufrechterhaltung und Rediscription dieser Arten heraufbeschwört, letztlich wird man sogar um genetische Untersuchungen (DNA, ribosomale RNA) und/oder Proteinkomplexe nicht herumkommen. Es gibt da Arbeiten aus den 70iger, die damals schon in diese Richtung Hinweise gaben. Sie wurden allerdings in den Bibliotheken der Welt vergraben. Tobias konnte sie kürzlich ausgraben - interessant Ansätze kamen da zu Tage.

Letztlich ist die Revision der Corydoras ein Lebenswerk. Erschwerend kommen allerdings dann die ständigen Neubeschreibungen von Arten hinzu. Man rennt dann als Revisor immer nur der aktuellen Entwicklung hinterher und kommt mit dem Material überhaupt nicht mehr nach, vor allem dann, wenn Holotypen noch lebend in Aquarien schwimmen (auch das gab es schon).

Schade drum, Klärungen sind weit ausser Sicht. Aber so ist der Lauf der Dinge. Man will sich halt mit einer Erstbeschreibung verewigen (gebe ja gerne zu, daß ich das auch täte).
 
Alt 13.12.2002, 12:02   #5
Thomas P.
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Hallo!

Ich noch einmal! :wink: Hab mal ein bißchen gegoogelt:

http://home.t-online.de/home/gerhard...rvice/ICZN.htm

Neue Regeln für die zoologische Nomenklatur

Sie verhindern u.a. "Erstbeschreibung aus Versehen"



International Commission Zoological Nomenclature.

INTERNATIONAL CODE OF ZOOLOGICAL NOMENCLATURE.

4th Edition adopted by the International Union of Biological Sciences.

The provisions of this Code supersede those of the previous editions with effect from 1 January 2000.

ICZN, International Trust for Zoological Nomenclature. ISBN 0-85301-006-4

London 1999

Nachdem anfangs lediglich die kombinierte Fassung in englischer und französischer Sprache verfügbar gewesen ist, liegt jetzt der analoge deutsche Text vor. Er ist von O. Kraus, Mitglied der Internationalen Kommission für Zoologische Nomenklatur ausgearbeitet worden. Diese Version berücksichtigt eine Reihe inzwischen festgestellter Irrtümer oder Fehler und befindet sich somit auf dem neuesten Stand. Die vorliegende deutsche Fassung verfügt erstmalig wieder über den Status eines offiziellen Textes. Er ist damit gleichrangig mit den Fassungen in englischer und französischer Sprache. Mit Inkrafttreten der „neuen“ Regeln treten alle vorausgegangenen Ausgaben außer Kraft. Die vorliegende Neufassung zeichnet sich nicht nur durch noch mehr Klarheit in der Ausformulierung von Bestimmungen aus. Wesentliche Vereinfachungen bewirken, daß die Internationale Kommission nur noch in wenigen Fällen um Entscheidung gebeten werden muß. Alle Vorschriften des Regelwerkes zielen darauf ab, die weltweite Einheitlichkeit und die langfristige Stabilität wissenschaftlicher Tiernamen zu gewährleisten und zugleich Versuche des „Exhumierens“ längst vergessener Namen zu unterbinden. Die Herausgabe des Bandes konnte durch die finanzielle Mitwirkung u.a. der Deutschen Zoologischen Gesellschaft, der Paläontologischen Gesellschaft, sowie weiterer Institutionen ermöglicht werden. Auslieferung voraussichtlich Ende Dezember 2000. 232 S. Euro 29,- / DM 56,72 ISBN 3-931374-36-X

Betrachtet man die Organismen der Natur, so ist der Eindruck der Vielfalt überwältigend: Wale, Elefanten, Vögel, Fische und natürlich auch die Pflanzenwelt scheinen unzählig. Wäre diese Vielfalt chaotisch, so ließe sie sich nicht studieren. Schon immer hat der Mensch als erkennendes Wesen versuch,t eine Systematik in der schier unendlichen Vielfalt zu entdecken. Dazu hat er sie in eine Schema von Klassifikation eingeordnet. Zum Beispiel unterscheidet er zwischen Tieren und Pflanzen. Bei den Tieren gibt es Wirbeltiere, zu denen beispielsweise die Fische gehören. Und Fische kennt der Mensch etwa 20.000 bis 25.000 Arten. Diesen Formen gibt er Namen. Der Biologie kennt das als Nomenklatur. Für diese Nomenklatur, also die Namensgebung gibt es Regeln. So wies auch für die Namen der Menschen Regeln gibt. In der Regel wird mit Joachim ein Mensch männlichen Geschlechts bezeichnet und Peterson ist der So(h)n vom Peter und Hadschi Alef Omar schleppt die ganze historische Sippe in seinem Namen spazieren...

In der Biologie war Karl von Linné, ein Schwede des 18. Jahrhunderts, ein Biologe der eine besondere biologische Namensgebung benutzte. Das ist die sogenannte binäre Nomenklatur. Nach diesem Verfahren bekommt jedes Lebewesen einen (latinisierten) Namen, der sich aus Gattungsname und Art-Bezeichnung zusammensetzt. Bleiben wir hier bei den für die Aquaristik bedeutsamen Fällen. Der Neonsalmler heißt wissenschaftlich Paracheirodon innesii (Myers, 1936). Diesem Namen entnehmen wir: Der Fisch gehört in die Gattung Paracheirodon, hat den Artnamen innesii und wurde von eine amerikanischen Ichthyologen (Fischkundler) namens George Sprague Myers im Jahre 1936 erstmalig beschrieben, also mit einem wissenschaftlichen Namen belegt. Der Tatsache, dass der Name des Erstbeschreibers in Klammern steht, kann man entnehmen, dass dieser Fisch ursprünglich, also bei der Erstbeschreibung (Originalbeschreibung) als ein Vertreter einer anderen Gattung beschrieben wurde. Das war die Gattung Hyphessobrycon. Erst später in einer revidierenden Veröffentlichung wurde für die Neonsalmler die Gattung Paracheirodon aufgestellt. Klingt kompliziert und ist es ja auch. Und: Erst wenn es Regeln gibt bleibt eine solche Namensgebung in der Praxis handhabbar und die dargestellten Informationen - und natürlich weitere darüber hinaus - sind den Namen zu entnehmen.

Deshalb haben die Zoologen hat ein solches Regelwerk aufgestellt, nach denen zoologische Namen vergeben werden. Die moderne Nomenklatur beginnt mit dem Jahr 1758. Das ist das Jahr, in welchem die 10. Auflage von Linnés Werk „Systema naturae" erschien. Das ist sozusagen das Jahr Null. Alle früheren Namen gibt es im Sinne diese Regelwerkes nicht. Das Regelwerk wurde erstmalig im Jahr 1905 veröffentlicht. Es ist das Ergebnis mühevoller Arbeit, die bereits im Jahre 1889 in Paris beim 1. Internationalen Zoologen-Kongress begann. Diese „Internationalen Regeln für die Zoologische Nomenklatur" lesen sich mehr wie ein juristisches Werk, denn eine biologische Veröffentlichung. Nicht nur viele Aquarianer schrecken davor zurück mit dieser Thematik eingehend zu beschäftigen, auch Berufsbiologen sind hier nicht immer besonders gut informiert. Bis zum Ablauf des Jahre 1999 war die 3. Auflage aus dem Jahre 1985 des „International Code of Zoological Nomenclature" gültig.

Seit dem 1.1.2000 ist die 4. Auflage allein gültig. Jeder zoologische Name, der ab dem 1.1.2000 in einer Erstbeschreibung vorgeschlagen wird, muss nach diesen gültigen Regeln beschrieben werden, sonst ist er im Sinne des „Codes" nicht verfügbar Der neue Code wurde beträchtlich revidiert. Ein ganz besonders wichtige Änderung ist die folgende: Jeder neue Name der nach 1999 veröffentlicht wird, ist nur dann verfügbar, wenn er ausdrücklich durch eine Bezeichnung wie „sp. nov." (neue Art), „gen. nov." (neue Gattung), „fam. nov." (neue Familie), „nom. nov." (neuer Name) oder eine äquivalente Bezeichnung gekennzeichnet ist. Eine unbeabsichtigte „Erstbeschreibung" ist damit verhindert. Ein solcher Fall ist ja gerade peinlicherweise im BSSW-Report passiert (Johannes 1999) und durch einen Kommentar (Paepke 1999) erläutert worden. Leider sind solche wissenschaftlichen Erstbeschreibungen aus Versehen immer wieder vorgekommen, worauf u.a. Géry (1991) hingewiesen hat. Denn wissenschaftliche Erstbeschreibungen dürfen auch von „Amateuren" gemacht werden, nicht nur von Berufsbiologen. Und das ist auch gut so: Das bewahrt uns die Freiheit der Wissenschaft. „Interessanterweise waren alle großen Pioniere auf diesem Gebiet Amateure - engagierte und enthusiastische Amateure" (Mayr 1984, S. 117). Der Begriff Amateur meint nach Fremdwörterduden erst in einer dritten Bedeutung den „Nichtfachmann", an erster Stelle wird damit jemand bezeichnet, der die Sache aus Liebhaberei betreibt. Also hoffentlich lieben alle Berufsbiologen ihre Tätigkeit...

Ebenso ist die Hinterlegung eines Holotypus' für den Vorschlag eines neuen Artnamens zwingend vorgeschrieben. Des weiteren sollen Namensänderungen aufgrund Synonymie oder Homonymie von revidierenden Autoren (ohne Anrufung der Kommission) nicht mehr durchgeführt werden, wenn ein Name von mindestens 10 Autoren in 25 Veröffentlichungen in den letzten 50 Jahren benutzt wurde, wenn dieser Name als nicht valide seit 1899 verwendet worden war. Des weiteren sollen eingebürgerte Schreibweisen, sogar wenn sie nicht der Originalschreibweise entsprechen, nicht geändert werden. Neu ist auch, dass eine Arbeit, die nach 1999 auf einem anderen Medium als bedrucktem Papier - also z.B. auf einer CD-ROM („read-only laser disk") - veröffentlicht wurde als eine Veröffentlichung im Sinne der Regeln gelten kann, wenn ein solches Medium in mindestens fünf benannten und öffentlich zugänglichen Bibliotheken hinterlegt ist. Diese Beispiele sind Hinweise ohne Gewähr.

Gültig ist immer nur der englische und französische Text des Codes, nicht die Übersetzungen, schon gar nicht eine nicht zitierfähige Zusammenfassung wie diese oder die, die im Internet nachzulesen ist unter: http://www.iczn.org/code.htm. Eine deutsche Ausgabe der „Regeln", die bisher von der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt am Main herausgebracht wurde, liegt von der neuen Auflage noch nicht vor. Die neue 4. Auflage ist erschienen beim „International Trust for Zoological Nomenclature" (The Natural History Museum, Cromwell Road, London SW 7 5BD, UK). Sie kann dort brieflich oder per Email bei iczn@nhm.ac.uk bestellt werden. Der Band in englischer und französischer Sprache mit den 306 Seiten kostet im Grundpreis £ 40 oder 65 US-$ und kann per Kreditkarte (Visa, Euro/Master) oder internationalem Bankscheck (plus Gebühren!) bezahlt werden.
 
Alt 13.12.2002, 13:36   #6
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Hallo,

als Fischsystematiker haben sich mir bei dieser Form der wissenschaftlichen Publikation und dem Inhalt die Fußnägel gekräuselt.

Daß eine solche Arbeit in einem Vereinsblättchen erscheinen darf, ist ein starkes Stück! Meines Erachtens gehört eine wissenschaftliche Erstbeschreibung (ja, hier wird die Wissenschaft bedient, nicht die Aquarianer!) gehört in eine wissenschaftliche Zeitschrift, nicht in eine Aquarienzeitung. Dies hat folgende Gründe:
Der Redaktionsbeirat einer wissenschaftlichen Zeitschrift kann eine solche Arbeit eher bewerten und beauftragt ebenso 2 fachkundige Gutachter. Damit sind wischi-waschi-Beschreibungen wie die letzten Corydoras-Beschreibungen im VDA-aktuell nicht mehr möglich. Hinzu kommt, daß Zeitschriften wie der "Ichthyological Explorations of Freshwater", die "Zoologica scripta" oder die "zoologischen Beiträge" in den Museen und Universitätsbibliotheken gesammelt werden, während die Mitteilungen eines Vereins (mehr ist die VDA-aktuell nicht) meist nach einmaligem Überfliegen im Altpapier landen.
Somit sind sie für zukünftige Ichthyologen nicht mehr oder nur schwer zu bekommen.

Ob die Beschreibung nach den Richtlinien für die zoologische Nomenklatur formal gültig ist, ist eine andere Frage. Der Autor hat sich extrem unwissenschaftlich verhalten, was hoffentlich die Beschreibung formal ungültig macht und nur den Namen für die Wissenschaft "verbrennt", also unbenutzbar macht. Sollte diese Form der Corydoras-Beschreibung Schule machen, wird durch dieses Aquarianerunwesen die Ichthyologie sehr schnell in den Rang einer zweifelhaften Wissenschaft erhoben.

Leider ist es formal einfach, eine Erstbeschreibung zu erstellen, auch nach dem Code von 2000 noch. Es reicht, einen neuen Namen zu bringen, dahinter ein n.sp. zu stellen, zu erwähnen, daß es sich um eine Erstbeschreibung handelt. Dann muß noch mindestens eine Eigenschaft genannt werden, die Herkunft, ein Vergleich mit Verwandten und das Typusexemplar muß an einer offiziellen Sammlung hinterlegt werden.
Die Publikation muß in einem Organ mit ISBN oder ISSN erfolgen.

Im Endeffekt kann eine Erstbeschreibung so aussehen:
Zitat:
Xus yus n.sp. eine neue Art
Xus yus aus Südamerika hat weiße Punkte, die größer sind als die von Leporacanthicus galaxias. Das Typusexemplar lebt zur Zeit im Aquarium des Autors und wird später dem Museum soundso überstellt.
Diese Erstbeschreibung kann als Matritzenabzug z.B. der Zeitschrift Brigitte beigelegt sein und ist damit gültig!

Ich habe mich einmal mit dem Gedanken getragen, an der Gattung Corydoras zu arbeiten, das wird auch passieren, aber nicht in einem Rahmen, der eine Gattungsrevision ermöglicht. Zur Zeit sind etwa 170 Arten gültig beschrieben, es gibt dazu etwa 50 Synonyme und mindestens 50 bekannte, unbeschriebene Arten.
Um genug eigenes Material zu bekommen, müsste quasi jedes zugängliche Gewässer in Südamerika zwischen den La-Plata-System und Trinidad, zwischen dem Horn von Brasilien und der Equadorianischen Pazifikküste befischt werden und zusätzlich noch das Material aus quasi allen Forschungsmuseen der Welt bearbeitet werden.
Selbst wenn von jeder bekannten Form ausreichend lebende und konservierte Tiere vorlägen, würde die Revision der Gattung etwa 60 Mann-Jahre erfordern, also nach heutigem Kurs etwa 1,4 Millionen Euro an Lohnkosten und etwa dasselbe an Materialkosten kosten würde und 10 Jahre dauert.

schöne Grüße

Gast ist offline  
Alt 13.12.2002, 16:11   #7
Achim W.
 
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Hi,

Nur ganz kurz: ZMA = Zoölogisch Museum Amsterdam.
Über den Inhalt der Arbeit lasse ich mich jetzt nicht aus.
Vor allem aber in einem muß ich Tobias recht geben: Wissenschaftliche Arbeiten, vor allem Erstbeschreibungen und Revisionen gehören nicht in Aquarien oder Vereinszeitschriften. Sie sollten nur in Zeitschriften erscheinen, die über den Internationalen Schriftentausch oder anderweitig problemlos für die Institute zu bekommen sind. Wissenschaftler die derzeit an der Gruppe arbeiten bekommen vielleicht Separata, aber wenn z.B. ein bolivianischer Student in ein paar Jahren seine "Diplomarbeit" über die Gattung Corydoras in seinem Heimatland schreiben möchte wird es für ihn fast unmöglich an den "VDA aktuell" zu kommen. Und wenn man dann bedenkt daß die Arbeit auch noch in Deutsch ist kommt ein weiteres Hindernis hinzu. Ich finde es fast schon rücksichtslos solche Arbeiten in Deutsch, nur mit einer kleinen englischsprachigen Summary zu verfassen. Wissenschaftliche Artikel gehören in Englisch geschrieben, am besten mit mehreren Summaries in Französisch, Spanisch und vielleicht Deutsch.
Und der Hinweis "Literaturverzeichnis liegt der Redaktion vor" anstatt einem vernünftigen Literaturverzeichnis ist wohl mehr als unüblich.

Grüße... Achim
Achim W. ist offline  
 

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