Zitat von Ralf

1. Fische empfinden Schmerz, das gilt grundsätzlich für alle Wirbeltiere. Bei den wirbellosen Tieren ist das hingegen, nach unserer heutigen Kenntnis sehr unterschiedlich ausgebildet. Komplexer organisierte Organismen wie Tintenfische empfinden auch Schmerz, Insekten hingegen nicht.

2. Schmerz läßt sich mit elektrophysiologischen und verhaltensphysiologischen Versuchen nachweisen.
Bei den elektrophysiologischen werden die Nervenimpulse gemessen und dann dem Organismus Schmerz in irgendeiner Weise zugeführt, daß kann mechanisch sein oder meist besser im Versuch durch Betröpflen der Haut mit verdünnter Säure. Die Nerven reagieren je nach Stärke des Impulses ganz eindeutig mit Impulsfolgen.
Die verhaltensyphysiologischen Versuche sind schwierige, da man hierzu die Lebensäußerungen eines Tieres beobachten muß. Aus Verhaltensmuster wie Farbänderung, Schreckhaftigkit, Apathie, aber auch Losreissversuchen des Tieren (z.B. Köderfisch) lassen sich eindeutige Rückschlüsse.

3. Schmerz ist was nicht typisch menschliches, sondern weiter verbreitet. Schmerz hat eine biologische Funktion. Er signalisiert dem Tier, daß

a) gefährliche Faktoren von außen drohen,
b) innerhalb seines Organismus was nicht in Ordnung ist.

Bei letzterem reagieren Tieren sehr oft mit Rückzug und phasenweise Apathie.

Dies liegt wie bei a) an der Funktion des Schmerz, der den Organismus dazu zwingt, zu versuchen, den Schmerzauslöser zu vermeiden.

4. Das Agument, daß das Schmerzzentrum bei den Säugetieren im Großhirn (Telencephalon) sitzt, ist richtig. Daraus den Umkehrschluß zu ziehen, daß Tiere, die über kein differenziertes Großhirn verfügen, wie eben die Fische, kein Schmerzempfinden haben, ist allerdings unzulässig. Es gibt bei den Wirbeltieren mehrere Evolutionslinien, was die Ausbildung und Differenzierung des Gehirnes angeht. Pauschal stimmt zwar die Aussage, daß niedere Wirbeltiere wie Fische und Amphibien kein differenziertes Großhirn haben und dieses erst bei Vögel und Säugern, vor allem letzteren, voll ausdifferenziert ist. Aber für das Funktionieren eines Organismus sind komplexe Verschaltungsstrukturen erforderlich. Liegen sie nicht im Großhirn, dann kommen sie an anderen Nervenknoten vor, insbesondere das Zwischenhirn und das Kleinhirn übernehmen besondere Funktionen (letzteres allerdings nicht in psychischen Leistungen). Rein aus dem Sitz eines Funktionszentrum wie das Schmerzzentrum kann man keinen Rückschluß auf das Vorhandesein der biologischen Funktion als solche schließen.

5. Die Diskussionen um den Schmerz arten immer dann aus, wenn man Schmerz auf eine psychische Ebene bringt und Schmerz mit Leid koppelt. Diese Koppelung ist a) eine Vermenschlichung, b) bringt sie emotionale Aspekte rein und dient damit c) nicht der Klärung des Problems, sondern stellt eine Vernebelung der Verhältnisse dar.

Biologisch sitzt das Schmerzzentrum bei den höheren Wirbeltieren im Großhirn und ist über Querverbindungen mit anderen Zentren höherer Ordnung, darunter auch das limbische System als Art psychisches Zentrum verbunden.

Koppele ich Schmerz mit Leid, wird der Schmerz als biologisches Muster ganz schnell auf höhere Säugtiere und Vögel begrenzt. Nur noch diesen getsteht man Schmerzempfinden zu, was aber sachlich falsch ist.

Die psychische Koppelung von Leid und Schmerz hat mit der Lage der Lage und Verschaltung im Gehirn zu tun. D.h. die enge Verbindung des Schmerzzentrums mit dem limbischen System verführt leicht dazu, Schmerz mit emotionalen Leid gleichzusetzen, was aber biologisch nicht richtig oder sinnvoll ist.

Entkoppelt man die beiden Begriffe, Schmerz für die physiologische Funktion und Leid für die abhängige emotionale, psychische Reaktion, dann dürfte sich die Diskussion sehr schnell versachlichen. Dann muß man auch niederen Wirbeltieren Schmerzempfinden zugestehen, was dann allerdings die emotionalen Abhängigkeiten und Querverbindungen aus der Betrachtung ausschließt.
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Gruß Ralf