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Alt 25.10.2003, 12:00   #1
Malle_Mumpitz
 
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Standard Meine erste Diskuszucht / Ein Newbie packt aus

Hallo,

Vaterschaften sollen ja die unmöglichsten Dinge bewirken. Aus mir machte sie einen Literaten und Philosophen . Hoffe ihr habt etwas Spaß beim lesen.

Gruß

Frank

Zuchtbericht meiner ersten Diskus-Fische
Ein Newbie packt aus


1. Die Fische

Die Fische kaufte ich in einer Zoohandlung in Kleve vor ca. 6 Monaten. Bei diesen ersten Diskus handelte es sich um drei rottürkise Tiere von ca. 10 cm Durchmesser. Alle drei nahmen Quartier in meinem 130x50x50 cm Becken.

Schon nach kurzer Zeit kristallisierte sich eine klare Rangordnung heraus. Das größte Tier war der eindeutige Chef im Ring, gefolgt vom mittelgroßen, der seinen Druck an das kleinste Tier abgab. Dieser Looser bleibt bis heute im Wachstum zurück, so daß ich dachte es wäre nur gut, die Gruppe durch ein viertes Tier zu ersetzen. So kaufte ich mir ca. 4 Wochen später noch ein flächentürkis-farbenes Tier hinzu. Ich wollte den Druck dem das schwächste Tier ausgesetzt war, mildern. Auch hier betrug der Durchmesser rund 10 cm.

Alle Tiere wurden in einer Zoohandlung in Kleve (Albersallee) gekauft, den ich wirklich empfehlen kann, und waren in wirklich einwandfreiem Zustand. Alle agil und von Anfang an nicht scheu. Laut Verkäufer sollten alle Tiere aus einer Zucht stammen, welche nur mit Leitungswasser arbeitet. Kaum zu glauben, jedenfalls fühlten sich alle Fische, soweit ich es beurteilen kann, von Anfang an wohl.

Bei Einsetzen des voll-blauen Neuzugangs spielten sich direkt Szenen ab, die mich an „Liebe auf den ersten Blick“ denken ließen. Der Volltürkis schwamm direkt auf das Alpha-Tier zu und machte wilde zuckende Bewegungen, zeigte seine „Beste Seite“ und wich dem Herrn des Beckens nicht mehr von der Seite.

Während es unter allen anderen Tieren weiterhin zu Machtkämpfen, wilden Verfolgungsjagden und dem obligatorischem Streitigmachen der Nahrung kam, verhielten sich die beiden zueinander recht friedlich.

2. Trautes Heim Glück allein

Die Tiere lebten nun 5 Monate in der oben beschriebenen Art und Weise zusammen. Die Tiere entwickelten sich und haben zum heutigen Zeitpunkt einen Durchmesser von ca. 14 cm. Das bedeutete, daß der Zeitpunkt gekommen war, die Tiere zu trennen. Zwei mußten Umziehen. Die WG wurde zu klein.

Doch wie sollte ich vorgehen? Ich wollte vor allem das kleinste Tier entlasten, gleichzeitig war mir jedoch klar, daß wie auch immer ich die Kombination wählen würde, der Kleine doch weiter unter Druck stehen würde.

Ich entschied mich deshalb, die zwei ruhigsten und verträglichsten Tiere zusammen zu lassen. Die beiden zogen in ein benachbartes Becken. Größe 110x60x50 cm. Der Umzug war kein Problem, da beide Becken fast die identischen Wasserwerte hatten. Zum Glück kam es zu keinem Umzugsstreß und die Eintracht der beiden hielt bis auf kleinere Scharmützel an. Beide standen mit der gewohnten Seelenruhe direkt an der Frontscheibe, ohne ein erkennbares Zeichen von Scheu. Nur ab und zu zogen sich beide unter eine große Wurzel zurück. Doch diese Ruhe hielt nicht lange an.

3. Der Nebenbuhler kehrt zurück

Nachdem ich mir 4 Wochen angesehen hatte, wie der Kleine Little Joe durchs Becken getrieben wurde und kaum zum Fressen kam, so daß ich Angst hatte er würde verhungern, beschloß ich, abermals die Plätze tauschen zu lassen.

Der mittlere Rottürkis sollte nun auch in das traute Heim der beiden anderen Umziehen. Gesagt, getan und mit einem Kescherschwung befanden sich nun auf einmal wieder drei Diskus im Becken.

Helle Freude! Aber nur beim Neuankömmling.

Der Neue alte fing auf einmal an, wild um, wie ich heute weiß das Weibchen, zu werben. Wild zitternd näherte er sich der schönen Blauen. Aber er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht.

Es kam zu heftigen Kämpfen zwischen den beiden Brüdern. Das alte Alpha-Tier war erst einmal mächtig eingeschüchtert und zog sich meist in seine Wurzelecke zurück. Ich hatte den Eindruck, daß er den Kampf um die Vorherrschaft verloren hatte und resignierte.

Beide Tiere trugen bei diesen Kämpfen deutliche Spuren davon. Die Seiten waren angeknabbert und oftmals bissen sie sich gegenseitig ins Maul.

Das Weibchen zeigte eine Reaktion, die ich so nicht erwartet hatte. Sie blieb mehr oder weniger von dem kleinen Wilden unbeeindruckt und zog sich immer wieder in die Nähe ihres alten Freundes zurück. Die Fronten waren somit klar.

4. Die Geschichte einer unbemerkten Schwangerschaft

Die Werbungsversuche des Neuankömmlings hielten an. Heftiges Flossenzucken verbunden mit der Darbietung der Seitenpartien sollten die junge Dame dazu bewegen, die Fronten zu wechseln, doch weit gefehlt. Sie machte keine Anstalten, dem Werben nachzugeben, sondern blieb zusammen mit Ihrem auserwählten im Wurzelheim. Die Situation war somit für mich klar. Man hatte sich mehr oder weniger arrangiert, wobei man sagen muß, daß der Große nach ca. einer Woche anfing, sich gegen sein Schicksal aufzulehnen. Die Kämpfe verschärften sich abermals und zwei Tage später ging man sich gepflegt aus dem Weg.

Am 23.10.03 ging ich wie gewohnt direkt nach dem Frühstück runter in den Keller um noch wie gewohnt vor der Arbeit meine Fische zu besuchen und zu füttern. Ich hatte in dieser Woche Urlaub, da Herbstferien waren und ich die Zeit mit meinen Kindern nutzen wollte. Doch es kam alles anders, oder besser gesagt das Wort Kinder hatte auf einmal eine ganz neue Bedeutung.

Ich machte also den gewohnten Rundblick durch die Becken und plötzlich erstarb meine Bewegung in einer ungläubigen und dann schon fast panischen Freude. An meiner blauen Dame tummelten sich rund 100 Larven und fraßen in aller Seelenruhe am Hautsekret der Mutter. Es war ein unbeschreibliches Erlebnis. Ich, als Aquarien-Newbie mit nur anderthalbjähriger Erfahrung, hatte meine Fische dazu bewegen können, sich in aller Heimlichkeit zu Vermehren. Gleichzeitig mußte ich an all die vielen Threads im Zierfisch-Forum denken und an all die vielen Geschichten, Artikel in diversen Fachbüchern, die die Hälterung und Zucht von Diskus-Fischen mehr als einen chemisch-technischen Prozeß darstellten, in dem es von Fachsimpelei nur so triefte. Wie konnte da eine Zucht in einem von der Größe her eigentlich zu kleinem Becken, ohne Osmoseanlage, Vollentsalzer, UV-Filter im vollbesetzten Gesellschaftsbecken mit diversen Freßfeinden (Salmler und natürlich dem immer noch im Becken stehenden Kleinen Wilden), eigentlich gelingen? Ein Leitwert von 235 ms, nur einmal vor Wochen gemessen, da kein eigenes Meßgerät?

Und das beim „König der Aquarienfische“? War es einfach nur Glück? Eine Verkettung glücklicher Umstände? Oder doch die Belohnung für anderthalb Jahre investierte Zeit. Zeit zu lernen, zu lesen, wie und was andere machen und für sich einen eigenen Einstieg in die doch hochkomplexe Thematik Aquaristik zu finden.

Ich habe in dieser Zeit deutlich gemerkt, wie wichtig es ist, sich umgehend zu informieren. Ohne Grundwissen und dem Drang dazu, dieses Wissen weiter zu vertiefen, ist eine ordentliche Hälterung von Fischen, oder das Halten von Tieren im allgemeinen nicht möglich. Ohne Wissen ist die Gefahr zu groß, dieses wunderbaren Tieren die nötige Pflege angedeihen zu lassen, die Notwendig ist.

Information muß hierbei gar nicht bis in letzte Detail gehen. Ich werde nie wissenschaftlich-mathematisch das Redox-System erklären können. Mir reicht es aus, etwas über den PH zu wissen, welchen Wert meine Fische benötigen, wie ich ihn messen und beeinflussen kann.

Selbstverständlich weiß auch ich, daß die Umweltbedingungen im Becken den Fischen angepaßt sein müssen. Ich habe im Rahmen meiner Möglichkeiten versucht, dem Rechnung zu tragen. Aquaristik ist wie ich glaube, eine Liebe, eine Sehnsucht, ein Virus der einen infiziert und wenn es einen richtig erwischt hat, eine Krankheit die einen nicht mehr los läßt. Die Symptome für diese Sucht sind klar erkennbar. Beckenvermehrvirus und der Im-Keller-Verschwind-Virus wie in meinem Fall sind eindeutige Zeichen für eine Infektion. Doch gerade dies ist die Grundlage dafür, alles erdenkliche dafür zu tun, den Tieren die bestmögliche Pflege angedeihen zu lassen. Immer im Rahmen der eigenen Möglichkeiten. Und diese Möglichkeiten wachsen und das um so schneller, je stärker dieser Virus ist. Der Virus treibt einen weiter, auch nach Rückschlägen. Diese Rückschläge sind es, die einen weitertreiben sein Wissen zu vertiefen. Mehr zu erfahren und den gleichen Fehler nicht noch einmal zu machen. Aber es gibt auch Phänomene. Hiermit meine ich Dinge, die man einfach irgendwie nicht in den Griff bekommt.

Dazu zählen für mich vor allem einige ungeklärte Todesfälle, die auch ich zu verzeichnen hatte. Wenn z.B. ein Salmler aus einer ganzen Gruppe eingeht, es allen anderen Tieren aber noch bis heute gut geht. Muß ich hier bis ins letzte Detail wissen, woran der Fisch gestorben ist, oder kann ich, immer vorausgesetzt es ist ein Einzelfall, mich einfach damit abfinden. Als Schicksal, als Lauf der Welt, als ständiges Kommen und Gehen?

Heute, am Samstag den 25.10.03, also nur 3 Tage nach dem denkwürdigen Ereignis, bin ich froh und glücklich. Im Hintergrund blubbern die Artemia-Flaschen die ich vor lauter Panik viel zu früh angesetzt habe (wieder was gelernt) und weiß nicht, ob und wie viele von den rund 50 Larven, die sich jetzt noch um die Eltern scharen und deren Anzahl sich seit jetzt 2 Tagen recht konstant hält, durchkommen werden. Ich hoffe es wird kein Totalrückschlag und ich verliere alle. Doch auch dann werde ich weitermachen. Ich bin davon überzeugt es zu schaffen, wenn nicht diesmal dann irgendwann.

Dieser Bericht soll vor allem den Neulingen Mut machen. Laßt euch von dem manchmal sehr wissenschaftlichen Berichten, den Horrormeldungen und der auch manchmal berechtigten Schellte, euer Hobby nicht vermiesen. Wenn euch der Virus gepackt hat, werdet ihr lernen. Zu eurem Wohl und auch zum Wohl eurer schwimmenden Mitbewohner. Seht die Sache locker, doch prüft ob euch der Virus wirklich gepackt hat. Wenn nicht, hört lieber auf. Verschenkt oder verkauft eure Becken zum Wohl der Kreatur.

Nochmals vielen Dank an all die vielen Menschen im Forum, die genau wie ich, vieles nicht wissen, sich aber trauen zu fragen. Und vielen Dank an alle die, die mehr wissen und dieses Wissen teilen. Ohne von oben herab fachzusimpeln und zu tadeln.

Viele Grüße

Malle_Mumpitz
Malle_Mumpitz ist offline  
Alt 25.10.2003, 13:28   #2
woodele
 
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Ich freue mich mit Dir! Kann vieles nachempfinden, auch wenn ich momentan keine Diskusfische pflege, und auch vieles bestätigen, was Du hier allgemein zu Zucht und Aquaristik geschrieben hast.

Danke für den Artikel.

Klaus
woodele ist offline  
Alt 25.10.2003, 13:38   #3
Jost
 
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Feiner Bericht Frank,

wir sehen uns morgen, und ich sehe dann hoffentlich Deine "Kinder"

Bis denne
Jost ist offline  
Alt 25.10.2003, 14:43   #4
amazona
 
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Standard toller bericht...

malle. sehr interessant und informativ geschrieben. mich würden noch deine ww´s interessieren.

ich wünsch dir viel freude an den kleinen diskusfischen. sind echt schöne tiere. leider für mich als kölnerin bei unserem betonwasser nicht möglich.

herzliche grüsse deine heidi
amazona ist offline  
Alt 25.10.2003, 21:19   #5
Malle_Mumpitz
 
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Hallo,

vieln Dank für die netten Postings. :P . Im Vergleich zum Betonwasser in Köln können wir uns hier am Niederrhein glücklich schätzen, solch ein Leitungswasser aus dem Hahn zu bekommen. Das Wasser ist sehr weich GH 5 und hat relativ wenig Nitrat. Es kommt bei uns aus den "Bergen", hochste Erhebung meines Wissens nach im Reichswald ca. 200 m über NN.

Ob und wie viele ich durchkriege werde ich weiter posten. An Jost nochmals Danke für die vielen beantworteten Fragen und die Inspiration bei jedem Besuch ds "Amazonas am Niederrhein".

Grüsse

Frank
Malle_Mumpitz ist offline  
Alt 26.10.2003, 11:49   #6
Malle_Mumpitz
 
Registriert seit: 20.04.2002
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Hier als Nachtrag noch die WW beim Ablaichen:

Ph 5,9
GH 3
KH 1
Leitwert 360 ms
Temp 28 Grad


Schon komisch, daß die Fische bei dem hohen Leitwert gelaicht haben. Der Wert stimmt jedenfalls.

Grüsse

Frank
Malle_Mumpitz ist offline  
 

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