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Alt 11.12.2003, 20:19   #1
Ralf Rombach
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Fischsaurierfriedhof bei Eislingen

X-From_: owner-service@idw-online.de Tue Jul 22 13:53 MES 2003
Date: Tue, 22 Jul 2003 13:48:19 +0200 (MET DST)
Sender: idw - Pressemitteilung <service@idw-online.de>
From: Michael Seifert <michael.seifert@uni-tuebingen.de>
To: idw - Pressemitteilung <service@idw-online.de>
Subject: [idw] Der Fischsaurierfriedhof von Eislingen
X-MIME-Autoconverted: from quoted-printable to 8bit by public.ndh.com id h6MBrPro013309


Informationsdienst Wissenschaft - idw - - Pressemitteilung
Eberhard-Karls-Universität Tübingen, 22.07.2003


Der Fischsaurierfriedhof von Eislingen



Ausgrabung einer europaweit einmaligen Fossillagerstätte


Im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes der Kreisarchäologie Göppingen
und dem Institut für Geowissenschaften der Universität Tübingen wurden
seit Juli 2002 entlang der neuen Trasse der B 10 bei Eislingen
(Landkreis Göppingen) umfassende Ausgrabungen vorgenommen. Dabei konnten
bislang die Reste von insgesamt neun Ichthyosauriern freigelegt und
geborgen werden. Die Funde lassen sich den Gattungen Temnodontosaurus
("Schnittzahnsaurier"), Stenopterygius ("Schmalflosser"), sowie einer
möglicherweise noch unbekannten Gattung zuordnen. Von herausragender
Bedeutung aus der Grabungskampagne 2002 ist das zu etwa 60 Prozent
vollständige Skelett eines Temnodontosaurus. Hierbei handelt es sich um
ein nicht ausgewachsenes Tier von 6 Metern Länge - erwachsene Tiere
erreichten Längen von über 10 Metern, möglicherweise bis zu 15 Metern.
Darüber hinaus gelang es, Skeletteile von vier Exemplaren der Gattung
Stenopterygius und Reste eines zweiten Temnodontosaurus aufzudecken und
zu sichern.


Im Verlauf der diesjährigen Grabungskampagne (Juni-Juli 2003) wurde das
nahezu vollständige Skelett eines Stenopterygius geborgen. Im Rahmen von
Sondierungen, die im Vorfeld der Ausweitung der Grabungsfläche
durchgeführt wurden, stießen die Wissenschaftler auf ein weiteres
Skelett. Aufgrund der noch andauernden Präparationsmaßnahmen ist eine
sichere Bestimmung derzeit nicht möglich. Die bisher vorliegenden
Skelett-Teile lassen es möglich erscheinen, dass eine neue, noch
unbekannte Art eines Fischsauriers vorliegt. Die Gesteinsschicht, aus
der all diese Funde stammen, hat sich am Grund des Jurameeres vor etwa
180 Millionen Jahren gebildet. Sie zeichnet sich durch die Ablagerung
tausender Belemnitenrostren (Teile des Innenskeletts ausgestorbener
Verwandter der heutigen Kalmare) aus. Derartige Anreicherungen werden
als "Belemnitenschlachtfeld" bezeichnet. Die Befundsituation macht
deutlich, dass die Anreicherung von Ichthyosaurierresten in besagter
Schicht viel weiträumiger ist als bisher angenommen: Es wird derzeit
davon ausgegangen, dass der Eislinger Ichthyosaurierfriedhof eine Fläche
von mindestens 10.000 Quadratmetern umfasst.


Von besonderer Bedeutung ist, dass die Eislinger Fischsaurier jünger
sind als ihre berühmten Artgenossen aus dem Posidonienschiefer von
Holzmaden. Im Gegensatz zu diesen zumeist stark verformten Exemplaren
liegen die Eislinger Individuen in sehr guter, dreidimensionaler
Erhaltung vor, was sie für die Wissenschaft besonders wertvoll werden
lässt. Parallel zu der Göppinger/Tübinger Grabung wurde vom Staatlichen
Museum für Naturkunde, Stuttgart, unter der Leitung von Dr. Rainer
Schoch ein Teilskelett eines Temnodontosaurus geborgen, das allerdings
aus geologisch älteren Schichten des Posidonienschiefers stammt, ebenso
wie ein bereits im letzten Jahr von Tübinger Seite geborgener,
unvollständiger Schädel dieses Riesenichthyosauriers. Diese ergänzenden
Funde unterstreichen die Bedeutung der Eislinger Fundstelle für die
Wirbeltierpaläontologie. Der Eislinger Ichthyosaurierfriedhof gewährt
einen ungeahnt tiefen Einblick in das Ökosystem des Jurameeres vor 180
Millionen Jahren: Die Nahrungskette lässt sich angefangen von
einzelligen Mikroorganismen (so genannten Dinoflagellaten) über
Muscheln, Ammoniten und Belemniten, bis hin zu Fischen und letztlich den
großen Räubern wie Haien, Krokodilen und Ichthyosauriern rekonstruieren.
Von den nächstliegenden Landmassen wurden bis zu sieben Meter lange
Baumstämme eingeschwemmt.


Beide Grabungskampagnen wurden von Dr. Reinhard Rademacher
(Kreisarchäologie Göppingen) und Philipe Havlik (Institut für
Geowissenschaften, Tübingen) geleitet. Die Zusammenarbeit zwischen
Ärchäologie und Paläontologie/Geologie führte zu ungewöhnlich genauen
Grabungsmethoden, die sehr detaillierte Rückschlüsse auf die
Ablagerungsbedingungen erlauben. Hierbei kamen modernste Vermessungs-
und Dokumentationstechniken, wie GPS, digitale Fotografie sowie präzise
archäologische Arbeitsmethoden zum Einsatz. Im Rahmen der Ausgrabung
wurde von dem Tübinger Geowissenschaftler Dr. Michael Montenari ein
feinstratigraphisches Profil aufgenommen, welches zur exakten Datierung
der Funde durch rasterelektronenmikroskopische Analysen und zu einer
paläoökologischen Rekonstruktion für die Schicht, in der die Saurier
enthalten waren, führen wird. Die Präparationen begannen bereits im
September 2002 und werden am Tübinger Institut von Henrik Stöhr und
Philipe Havlik durchgeführt. Die wissenschaftliche Auswertung des
Skelettmaterials leitet der Ichthyosaurierexperte Dr. Michael Maisch
(Tübingen). An der Ausgrabung waren neben dem ehrenamtlichen Mitarbeiter
der Kreisarchäologie, Herrn Winfried Poldrack, auch Stundenten und
Mitarbeiter der Universität Tübingen beteiligt. Ein reibungsloser Ablauf
der Grabungen war nur durch die logistische Unterstützung des
Straßenbauamts Kirchheim u. Teck, der Baufirma Leonhard Weiss, der
Gemeinde Eislingen und der Firma Stahlbau Nägele möglich. Nach Abschluss
der Bearbeitung sind sowohl eine Sonderausstellung zur Grabung als auch
eine Dauerpräsentation des 2002 geborgenen, urzeitlichen Räubers
Temnodontosaurus als Skelettmontage durch die Kreisarchäologie Göppingen
und das Institut für Geowissenschaften der Universität Tübingen in der
neuen Stadthalle von Eislingen geplant.


Bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit können per E-Mail Bilder zu
den Ausgrabungen angefordert werden unter
michael.seifert@uni-tuebingen.de. Für Rückfragen:


-Dr. Reinhard Rademacher, Jahrgang 1955, seit Juli 2002 Kreisarchäologe
für den Landkreis Göppingen. Er studierte Vor- und Frühgeschichte,
Urgeschichte und Anthropologie/Humangenetik an der Universität Tübingen.
Nach Magisterabschluss und Promotion (Tübingen 2000) als freiberuflicher
Archäologe tätig, seit 2002 Kreisarchäologe am Landratsamt Göppingen.
Tel. 07161-503 18-17, Mobil: 0179 - 6601755, E-Mail:
r.rademacher@landkreis-goeppingen.de


-cand. rer. nat. Philipe Havlik, Jahrgang 1979, seit Oktober 2000
Student der Geologie/Paläontologie an der Eberhard-Karls-Universität
Tübingen. Philipe Havlik baute während der Schulzeit ein kleines Museum
im Trentino auf und arbeitet seit sechs Jahren regelmäßig bei
archäologischen und paläontologischen Grabungen mit. Derzeit ist er an
der Universität Tübingen mit der Inventarisierung der Paläontologischen
Sammlung und zusammen mit Henrik Stöhr mit der Präparation der Funde aus
Eislingen beauftragt.


-Dr.Michael Maisch, Jahrgang 1972, seit 1998 wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Institut für Geowissenschaften der
Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Er studierte Geologie/Paläontologie
an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, wo er 1999 promovierte. Er
veröffentlichte zahlreiche Publikationen über Ichthyosaurier und andere
mesozoische Meeresreptilien, und arbeitet seit 1998 an einem DFG-Projekt
zur Paläontologie in N-W-China mit. Tel. 0 70 71/29-77561 oder 29-72495.


-Dr. Michael Montenari, Jahrgang 1971, seit 2000 wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Institut für Geowissenschaften der
Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Er studierte Geologie/Paläontologie
und Philosophie an den Universitäten Freiburg/Basel/Straßburg, wo er
1999 promovierte. Forschungsschwerpunkt bilden Untersuchungen an
vorwiegend einzelligen Mikrofossilien, sowie sedimentgeologische
Analysen im Hinblick auf paläoökologische Rekonstruktionen. Tel. 0 70
71/29-73066


-Prof. Dr. Hans-Ulrich Pfretzschner, Jahrgang 1959, Studium der Chemie,
Biologie und Physik in Kaiserslautern, Promotion in Paläontologie 1989,
danach Lehr- und Forschungstätigkeit in Bonn und Tübingen, seit 1999
Professor für Wirbeltierpaläontologie am Institut für Geowissenschaften
der Uni Tübingen. Tel. 0 70 71/29-76984; E-Mail-Adresse:
hans-ulrich.pfretzschner@uni-tuebingen.de











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Art: überregional, Forschungsergebnisse
Sachgebiete: Geowissenschaften


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